PROJET DE MISE EN PLACE DE RELAIS LOCAUX du CITO
PUR LA PROMOTION CULTURELLE ET ARTISTIQUE
DANS TROIS REGIONS DU BURKINA FASO, brève CRAC genannt und unter der Federführung der Coopération Suisse, Ouagadougou und des CITO geführt, besuchen wir au siège de l’Association La dernière trompette (wäre ein schöner Titel für ein Jazzlokal!) (Côté sud du Jardin du SIAO) eine Vorstellung. Luca Fusi hat mit jungen Laienschauspielern (Frauen wie Männer) ein 50-minütiges Stück eingespielt. Thema: Wie verständigen sich drei Generationen? Die Grosseltern sprechen Mooré, die Eltern Französisch und Mooré und die Enkel bedienen sich jener Sprachen, die trankil (das ist die SMS-Generation-Schreibweise) gerade angesagt sind.
Eine kleine Bühne, drei Scheinwerfer, anhaltende Rückkopplung |
Doch bevor die Aufführung auf der winzige Bühne, inmitten eines riesigen kahlen, mauerumzäunten Geländes und ohne eine einzige Trompete (la dernière trompette) stattfinden kann, spielt ein lokale Jugendband auf und singen und tanzen vier Grazien gegen alle Unbill der Technik an. Die Rückkopplungen sind so zahlreich, das Mikrophon derewäg mies, dass ich geneigt bin von Experimentalmusik zu sprechen. Oder von einer bodenlosen Frechheit den jungen Talenten gegenüber. Doch trankil, so ist das eben. Hauptsache elektronisch verstärkt. Unter dem Himmel von Waga hat vieles Platz. Aber auch die Promotion scheint nicht wirklich gelungen. Denn ausser ein paar wenigen Quartierkindern, einigen Freundinnen, Fans und natürlich les réprésentateurs, die wie immer alles repräsentieren was überhaupt zu repräsentieren ist, dem Regisseur, einem Junghund, drei mageren Hühnern und unsere Wenigkeit, scheint la CAN doch mehr Zuschauer anzuziehen. Also doch Fussball statt Kultur. Dem Theaterstück und jungen Akteuren ergeht es nicht viel besser, schliesslich müssen sie die selbe Musikanlage benützen. Verzerrte Textfragmente, Rückkoppelungen. Trotzdem Szenenapplaus, viel Gelächter und Freude. Trankil, so ist das eben. Dafür ist der Eintritt gratis.
Wobei wir beim Geld wären. Denn ohne Geld kein Theater. So einfach. Oder doch nicht ganz so einfach? Denn wie pflegt meine Mutter hin und wieder zu sagen: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Ja woher kommt den nun die Kohle für unser Stück "SEVRAGE*".
Achtung kleiner Einschub: Ja, richtig der Titel steht jetzt fest. Wir haben mit der ganzen Truppe abgestimmt und "SEVRAGE" hat das Rennen gemacht. "Goitre bangala" (das geschwollene Geschlecht) und andere geschlechtsteilbezogene Titel galten zu guter Letzt als zu aufregend, respektive obszön ... Kleiner Einschub beendet.
Stichwort Kohle. Wir müssen nicht stehlen. Wir erhalten Unterstützung (monetäre und andere) von zahlreichen Organisationenen aus der Schweiz und des C.I.T.O. Als wichtigste Geldgeberin sind das DEZA, das Fastenopfer und die Stanley-Thomas Stiftung zu nennen. Und ich bin - und ich gehe davon aus, das gilt für alle anderen auch - dankbar dafür. Denn nur so ist es möglich die Künstler und alle an der Produktion beteiligten Burkinabé fair zu entlöhnen. Das heisst konkret erhält ein Schauspieler, eine Schauspielerin pro Monat 300'000 Franc CFA. Zum Vergleich: Abfallentsorgung (oft Frauenarbeit in BF) kostet Einheimische zwischen 500 Centimes und 1000 Franc CFA im Monat (Quelle: Bata: unser Chauffeur). Ein Baguette frisch ist für 125 Centimes, ein Bier an der Bar 500 Centimes zu haben. Währungsumrechner. Und wir Schweizer-Beteiligten erhalten im Schnitt 3000 SFR. pro Monat, plus Logis und Flugkosten. Das Essen bezahlen wir selber. Unser verdientes Geld bleibt im Land. Muss im Land bleiben. Geld hält vieles im Fluss. Denn das monetäre Nord-Süd-Gefälle ist hier jeden Tag mit Händen zu greifen. Wir die Nassaras (die Weissen) sind immer die Reichen, sie, die Burkinabé sind praktisch immer die Armen. Ausnahme bildet einzig die reiche Oberschicht, die genauso pervers reich ist, wie unsere Milliardäre. Der Rest ist oft zum Heulen. Und nicht immer einfach auszuhalten. Zerlumpte Kinder, stinkend vor Dreck , hungrig, krank, oftmals behindert, verlassen stehen sie an jeder Strassenecke. Gemeinsam mit Müttern, deren Säuglinge an mageren Brüsten Milch nuckeln. Fliegenschwärme trinken Augenwasser, stechen und verteilen den Dreck partout. Jeden Tag stellt sich die Frage: Wem gebe ich heute was von meinem Geld ab. Dem Jungen an der zweiten Kreuzung, oder der Frau, die gestern an der dritten Kreuzung stand? Oder dem blinden Tuareg, geführt von einem kleinen Mädchen, das doch eigentlich die Schule besuchen sollte? Oder doch wieder einmal einen grossen Betrag einer Familie? Aber welcher. Le plus sympa oder die jüngste, die kinderreichste, die älteste? Die Entscheidung wird jeden Tag neu getroffen und ist nicht einmal ein Tropfen auf einen glühenden Stein.
Und Europe schottet sich weiter ab, hält die Grenzen dicht. Die Schweiz mittendrin - und es ist zum Kotzen - mit Gemeinden, die stolz darauf, wenn sie es mit Hilfe der rechten Politikersekte geschafft haben, dass KEINE Flüchtlinge auf ihrem Gemeindeboden, vorübergehend (!!!), versteht sich, aufgenommen werden. Europa foutiert sich immer weniger um die Einhaltung der Menschenrechte. Und Nein es gibt nichts, worauf wir mit unserer aktuellen Migrations-Politik stolz sein können. Wer wissen will, wie es ist als Illegaler nach Europa zu gelangen, dem sei Fabrizio Gatti's: "Bilal, als Illegaler auf dem Weg nach Europa" empfohlen.
Schluss mit Geld, zurück zur Equipe. Wir sind jetzt vollständig. Martin Bölsterli gehört ab heute - mit einem Temperaturunterschied von 44 Grad in Knochen - zum Team. Bon arrivée!
Kaum angekommen, bereits im Einsatz: Martin Bölsterli |
*SEVRAGE = Abstillen, Sex verweigern, Entzug
ps: 35.5 Grad
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