Sonntag, 26. Januar 2014

Staub fressen - Heimkehren


Krank sein ist nicht lustig. Krank sein und Gesund werden in Ouaga ist geradezu eine Aufgabe herkulischen Ausmasses, da die krankmachenden Bedingungen, die da wären – Wind, Staub, prèf Monsieur l’Harmattan und Dreckluft, Grippesaison, Auswürfe zuhauf, weiterbestehen.
Seit bald drei Wochen produzieren meine ausgetrockneten Nasenschleimhäute Schleim im Akkord. Sie benehmen sich als gälte es ganz Ouaga einzuschleimen. Aus Mangel an Luftfeuchtigkeit sind sie auf ozu attakierenh schon drauf lauterten meinen eh schon heissen, schwitzenden Körpert von hungrigen, agressiven nfalls einen herrlÜberproduktion eingestellt. Aus naheliegenden Gründen hat sich die Lunge mit der Nasenschleimhaut solidarisiert und produziert nun ebenfalls einen herrlich grünen Auswurf. Wahrlich, wahrlich ich sage euch, ich schleime ab. Nach einem Tag, an dem ich mich fühlte wie der berühmte kafka’sche Käfer – ich unter dem moustiquaires, welches mit jeder Bettstunde zu schrumpfen schien, umzingelt von hungrigen, aggressiven Moustiques, die einzig drauf lauerten meinen heissen, schwitzenden Körper zu attackieren und ihn gnadenlos auszusaugen, Mörderpack, verdammtes!!!, beschloss ich den hoteleigenen Arzt zu konsultieren. Mösiö Albert, seines Zeichens Militärarzt und eine Art Soeur Nightingale pour l’Auberge Song Taaba, was soviel heisst wie „Den Anderen helfen“ und die den Quartierkindern eine minimale, tägliche Gesundheitsvorsorge garantiert, steht bien sûr auch den Hotelgästen zur Verfügung.

Staubtrocken // Mongobäume im Duett
Die Untersuchung fand in meinem Zimmer statt. Zuerst wusch sich Albert die Hände und stülpte sich genau jene Gummihandschuhe über, die ich ihm einen Tag zuvor, zusammen mit meinen restlichen, ungebrauchten Medikamenten, geschenkt hatte. Dann mass er meinen Blutdruck mit einem Gerät, das etliche Jahre Berufserfahrung auf dem Buckel hatte und wie von selbst funktionierte, tastete sich an meinen Lymphknoten entlang, horchte mit dem Stethoskop in mein Inneres, beäugte meine Augen, klopfe und drückte mich ab, fragte nach Verdauung, Stuhlgang und Körpertemperatur und meinte dann lakonisch: le paludisme (Malaria) könne man ausschliessen, es handele sich um einen hartnäckigen Schnupfen samt Husten. Typisch für diese Jahreszeit.
Dann zückte er seinen Rezeptblock und verordnete mir: Hustensirup, drei x täglich, Antibiotika, zwei x täglich, Nasenspray, sparsam anzuwenden, Crème zum Einreiben, zwei x täglich, Brust- und Rückenbereich. Kostenpunkt: 14'000 F CFA =  SFR 24.00
Konsultation: 3000 F CFA = SFR 5.40 / Monatseinkommen Durchschnitt = 50'000 F CFA.

Staubtrocken // Baobab ca. 300 Jahre alt
Seither sind drei Tage vergangen, ich fühle mich viel besser, wenn auch nicht gesund. Der Husten krallt sich weiterhin mit aller Kraft an meine Brust, von innen her, türli und lässt einfach nicht locker. Arzt Albert erkundigt sich täglich nach meinem Befinden, Augusta hat mir ein Dégué (Dessertspezialität de Burkina) gemacht – ich hatte die Wahl zwischen Fischsuppe und Dégué – und alle wünschten plain santé, ca va passé, bonne santé, bonne guerison même de Zurich.

Und so bin ich reif für die Heimkehr und freue mich auf Luftfeuchtigkeit, Dampfbad, Inhalieren und die saubere Züriluft. Und auf alle meine Liebsten. Der Kreis schliesst sich. A la prochaine.

Staubtrocken in Ouaga // Messi holt Wasser

Bereits laufen die Gespräche für eine neue Kreation und das neuste Stück für ein
Allfälliges,
 weiteres Festival Pas de problème in Schwamendingen 2015 dreht in meinem verschleimten Kopf.





Sonntag, 19. Januar 2014

Getaktet in Quaga

Als wär's gestern gewesen - le concert au Petit Dakar. Die Jungs haben alles gegeben und das Publikum hat alles genommen. 




Burkina Suisse Connection
Noufou
Seydou
Laurin 
Achille et Urbain
Images: Goran Basic

Samstag, 11. Januar 2014

Fait divers - Les oiseaux ne volent pas tous à la même hauteur

Geschichten aus dem Alltag, Geschichten aus Ouaga, wo Hengste regieren, Hennen dans les rues promenieren und alle choco sind. Ouaga ça bouge, sans interruption, Ouaga attire et Ouaga fait plaisir.



Seit dem 1. Januar 2014 gilt in Burkina Faso die Gurtenpflicht. Die Helmpflicht ist schon länger in Kraft. Ein Schritt mehr in Richtung Verkehrssicherheit, der zwingend dringend notwendig ist, sterben und verletzen sich täglich ungezählte Menschen in den Strassen von Ouaga (verlässliche Statistiken sind nicht erhältlich). Eine gewisse Absurdität wohnt dem Ganzen gleichwohl inne. Macht doch die galoppierende Mobilität, die jeden Tag en plus et au minimum 1000 neue Stinkermofas immatrikuliert – mit billigsten Leasingverträgen versehen –  und die permanente Smogglocke über Oaga unaufhörlich nährt – jede Sicherheitskampagne zunichte.  Ausser neuen, guten Occasionsautos aus Europa ist hier kein einzige Vehicul mit funktionierenden Sicherheitsgurten ausgestattet. Hier ist man  bereits überdurchschnittlich gut bedient, wenn die Karre mindestens eine Lichtquelle (und wenn’s nur das Standlicht ist) und Bremsen hat. In der Regel klappern, rattern, kriechen, furzen und schleifen die zigtausend Mofas und Autos in einem permanenten Schrottzustand durch die Strassen von Ouaga.



 Die Luftfeuchtigkeit in Burkina Fasos Hauptstadt tendiert  im Winter gegen gefühlte Null Prozent. Im täglichen Leben heisst das, Haut wie gegerbtes Kamelleder in der Wüste, Schleimhäute, die nach Feuchtigkeit lechzen, stahlharte und spröde Fingernägel. Schmieren und salben hilft mässig. Neulich musste ich en plain air eine meiner weichen Monatslinsen neu einsetzen. Kaum auf meiner Fingerkuppe aufgepflanzt, kräuselte sich die Linse in Null Komma nichts und war nach zwei Sekunden ausgetrocknet. In der Folge verfolgte ich den Fussballmatch im Stade 4 août einäugig und avec une certaine Unschärfe. Mais voilà Les Burkinabés gewannen auch ohne meine Sehstärke 4:0.



Ouaga ist eine Kulturstadt und wo es kulturt, da gibt’s auch la musique. Lange angekündete Konzerte, spontane Sessions, No Names, Lokalhirsche und Lokalbienen, grosse Acts und unter anderem Burkina Faso Suisse Connection. Spielt einmalig, gratis au Petit Dakar, im Quartier Zogona, Ouagdougou. Zur Connection gefunden haben sich Laurin Buser, le choco (Rap allemend)und Urbain Guinguemde (Callebasse), Seydou Koita (Guitar), Noufou Kabore (Guitare, Chant), Achille Gwem (Bongo). Und Goran Basic, verantwortlich für einen wunderleichten Videoclip – bald auf YT, wenn denn die Leitung mal verhebet – und das Plakat. Die Jungs sind unschlagbar. Seit sie vor einer Woche beschlossen haben, ein Konzert zu geben, proben sie jeden Tag, im Minimum 2 bis 3 Stunden. Dazu plakatieren sie wild in Ouaga, flyeren was das Papier hergibt, schlagen unablässig die Mund-zu-Mund-Trommeln. Auch die Social Media werden unablässig gefüttert und genährt. Wir hoffen auf pcd public, denn ein Konzert ohne Publikum ist wie die Sahara ohne Sand oder Erben ohne Erben oder poulet à l’ail allein, brèf das gehen nicht. Die Vorfreude ist gross und steigt stündlich.



Man kann in Ouaga hervorragend essen. Ob Strassengarküche, Strassengrill, senegalesische Küche, einheimische Saucen und Kohlenhydrate, l’haricot vert, Schafhoden gegrillt in allen Grössen, Riz gras, Fisch aus der Barrage und Fisch aus der Côte Elfenbein, Pizzen aus dem Holzofen, Burger, frites et frites et frites, französischen Wein, Wild, Hund und Katze, Innereien, Sauereien, Bissap-Sirup, Baobab-Jus, Bier und Lafi (Wasserer) aus der Flasche alles in jeder erdenklichen Qualität erhältlich. Über die Qualität im Service kann man nicht einmal streiten. Denn diese ist – mit wenigen Ausnahmen – unter aller Sau. Schlendrian, Leck-mich-am Arsch gepaart mit einer grossen Unlust irgendetwas von A nach B zu tragen, ist weit verbreitet. Eine Ausnahme: Le Foyer. Seit zwei Monaten in der Hand von Mien de Graeve. Einer jungen Belgierin, die nach einer Velotour (alleine) zuerst ihr Herz an Burkina Faso verlor, dann ihre Ersparnisse abhob und ins Le Foyer investierte, weil sie fand der Ort sei schön, die Bedienung und das Angebot insupportable. Nach langen zähen Verhandlungen erhielt sie den Zuschlag für das Le Foyer, welches zum ATB, einer weiteren grossen Theaterspielstätte in Ouaga, gehört. Vergleichbar mit dem C.I.T.O. – sogar mit besserer Infrasgtruktur – und dem Unterschied, dass die Bühne viel zu wenig bespielt wird. Dabei wäre alles vorhanden, eine grosse, offene Bühne, Unterkunft für Künstler, Ateliers und eben ein Maquis/Resto. Warum das so ist, bleibt ein Geheimnis des Mösiö le directeur. Spekuliert werden darf in alle Richtungen ... der Mann hat bereits genug Geld auf seinem privaten Konto ...., der Mann mag sich nicht mehr soooo für das Theater engagieren ..., der Mann ist ...
Wie auch immer im Le Foyer kann man vortrefflich speisen. Von insupportable zu formidable!







Sonntag, 5. Januar 2014

Uraufführung Waga - Wir sind pas mal et bcd plus!



Zombé fait la caisse      
Wir sind durch! Die Uraufführung  von „L’héritage/Das Erbe“ ist passé et c’est très bien passée. Wir sind müde, wir sind zufrieden, wir sind stolz. Es hat funktioniert, unser Stück hat funktioniert, auch hier in Westafrika. Klar haben wir, der Herr Regisseur und ich, immer und  praktisch ununterbrochen an unsere Arbeit geglaubt, aber das kleine Restteufelchen Namens Zweifel schleicht ja durch jede Kreation. Doch bei uns fand der Kreativgehörnte dieses Mal keine Nahrung.  L’héritage/Das Erbe gefiel. Das Stück, hier wie auch in der Schweiz, in Morée, Französisch, Deutsch und CH-Dialekten gespielt, wurde verstanden. In jedem Sinn. Und wie. Und hat in dieser Sprachkombination einen ganz eigenen Charme, einen eigenen Drall, einen eigenen Goût. 

Les spectateurs
La presse était partout
Lac de Zürich ...
Avec ce ventre là? Jumping au lit???

Roger Nydegger en plaine forme


Das Publikum war begeistert und bei einigen drückte die Szene um Thomas Sankara (Revolutionär aus Burkina Faso) auf die Tränendrüse, wie sie mir, après le spectacle, glaubhaft versicherten. Spürbar auch die Begeisterung für unsere jüngeren Schauspieler, sprich Laurin Buser und Valérie Kambiré und ihre Liebesgeschichte, ihren Wunsch nach Freiheit, Selbstbestimmung – wen wundert’s bei einem Durchschnittsalter der Burkinabés von 28 Jahren ...  doch auch die Beschneidung, von Rachel Braunschweig gespielt, von Halimata Nikiema mit Gesang untermalt, erreichte hier, wo viele, zu viele Mädchen beschnitten werden, eine Tiefe, die berührte und niemanden kalt liess. Und auch die Herren der Kreation, Armin Kopp und ChoCho Tabsoba überzeugten mit ihrem Spiel.

Dabei sah 48 Stunden vorher alles noch etwas staubiger aus. Alles was hoch und heilig versprochen war, war ebenso hoch und heilig nicht erledigt. Die Requisiten nicht à jour, der Jupe für unsere hoch (nein, nicht heilige) aber schwangere Burkinabé Schauspielerin Halimata noch immer zu eng, die Furchen des Bühnenbodens nicht ausbetoniert, der Tönler hatte seinen Text und seine Taschenlampe zu Hause vergessen und konnte in der Folge dem Stück nicht folgen, was zur Folge hatte, dass ihm alles huschhusch ausgeliehen werden musste, die beiden Poulets für das Sacrifice fehlten ebenso wie Gläser, Leggings, truc et truc hier und truc et truc da, des choses là und die Spielkisten waren nicht abgeschliffen, das Interieur nicht lackiert, der Stab nicht präpariert. Hinzu kamen die chronischen Verspätungen und die ausgesprochen schlechten Entschuldigungen, des einen BF Schauspielers. Wir waren alle en mauvaise humeur, nervös, genervt, unterzuckert. Plus eine Kermés (Chilbi à la Westafrika) vis à vis des Theaters, deren Musikboxen mit ihren Hits à Gogo, made in Africa samt Animation des DJs, ununterbrochen die Schallmauern durchbrachen und eine Probe, respektive DIE Hauptprobe unmöglich machten. Und dann war ja dazwischen auch noch der Übergang 2013 ins 2014, den wir schlank, aber mit wenig Schlaf über die Bühne brachten. Aber wir sind ja wer wir sind und nicht weniger und ein bisschen Hippie sind wir ebenso wie ein bisschen Anarcho und so kommt dann irgendwie und sowieso und derewäg  trotzdem alles gut.
Sprich am Tag der Uraufführung wurde alles à jour gebracht. Hektisch, halbvollständig, aber doch dans une certaine manière. Einzig die beiden Poulets – Mirabelle 1 et Mirabelle 2 machten einen erbärmlichen Eindruck, mehr tot als lebendig, brachte selbst ein kleiner Bestechungsversuch meinerseits dem Monsieur le Gardien  (Nachwächter) einen bezahlten Mehraufwand abzuringen um die beiden Hennen zu versorgen, konnte ihr frühzeitiges Ableben nicht verhindern. RIP.

Nous sommes opérationnelle.

!!Un grand MERCI pour Goran Basic für die Bilder!!



Mittwoch, 1. Januar 2014

Gestern war, heute ist - Generalprobe

1.1.14, 10 h, draussen vor der Tür
Der Ort heisst Madiba und ist die angenagteste Reaggemaquis in Waga. Ganz einfach, weil dort die Musikanlage auch tatsächlich Töne wiedergibt, die wir als angenehm und als Melodien entziffern können. Im Gegensatz zu vielen Clubs, deren Anlage einem oft an einen übermässig starken Raucherhusten in der Früh und im Endstadium gemahnen. Dort haben wir gestern im Takt von Alpha B. sowie Herrn Marley und Co. et avec, encore de plus,
une demi poulet à l'ail, frites, aloco und Bordeaux aus dem Maxitetrapack vom 2013 verabschiedet. C'était cool et max relax.
Plus-minus ein paar Minuten um Mitternacht, so genau muss man das nicht savoir, sind wir, les petites Suisses, ins grosse Drück-mich-Küss-mich-Ritual eingestiegen und haben uns gewünscht, was man so wünscht. Und ein bisschen mehr von dieser Gesundheit. Unter dem Himmel von Waga stiegen ein paar wenige Raketen in die Höh, jeweils von einem grossen allooooo, héé là, chouette, ufff, mufff begleitet. Alles halb so sauvage, halb so aufgeregt comme chez nous. Trankil.

Heute plegeren wir uns durch den Tag, abends ist Generalprobe angesagt. Lichtfillage,  et une  italienne, et un plus une fillage proper. Noch stockt der Rhythmus, noch sitzen nicht alle Texte, noch fehlen Requisiten, noch ist der Bühnenboden eine Ebene mit kleinen Taleinschnitten, noch ??? Kann, wird, vielleicht, oder sich, aber JA, aber NEIN, und wo steckt  das Kabel, und soll ich den Satz nicht doch besser ins Deutsche übertragen, ich habe Hunger, Scheissmücken, Scheisskreide, hé Portable, hé Musikeinsatz, hè die Spannung steigt.

1.1.14. 10 h, le ptt déj

1.1.14 , 10 h, Residence Galiam