Montag, 30. Dezember 2013

Promotion en route!



Unsere Plakate im Zentrum von Ouagadougou!
(Einige der Fotos wurden mit frischen Orangen bezahlt.)

Le mec: "Eh, toi-là! T'as pris des photos, c'est payant! Donne-moi 5000 francs!"
La blanche: "Quoi?"
Le mec: "Ok, donne-moi 2500 francs!"
Le blanc: "Quoi? T'es fou? J'ai pris une photo de ma mère! Qu'est-ce que tu veux?"
Le mec: "Ehhh..."
Le blanc: "Tiens, une orange! D'accord?"
Le mec: "Ehhh, bref... Oke..., d'accord!"

(Photos: Gogo Basic)






















Vom Wochenende und allerlei Getier...


Werte Leserinnen und Leser

Infolge schwachen Internets und einem ebenso instabilen Blog-Programm, erscheint dieser Blog nun mit zwei TagenVerspätung. Pdp oder?


Das Wochenende steht vor der Tür und im Vorzimmer wartet das Neujahr. Hier in Waga läuft einiges auf Hochtouren. Draussen, drinnen, bei uns.  Wir sind frei, haben frei und auch wieder nicht, so ein ganz normales Wochenende halt, ein paar Tage vor der Uraufführung im  Theater C.I.T.O.. 

Letzte Probe vor dem Wochenende im Espace Gambidi, Laurin Buser a.k.a. David Winter
Augusta Palenfo, notre productrice et Roger Nydegger, le mèteur en scène
Ein Teil unserer Gruppe, schauspielende und zugewandte Freundinnen,  tourt heute Richtung Nazinga Ranch und wird dort hoffentlich auf Elefanten, Krokodile, Affen, Wildschweine, Schlangen und derlei Getier mehr am Wasserloch treffen, während ein anderer Teil, sich heute Samstag, weiter an der Promotion abarbeiten, und morgen beim Um- und Ab- und Aufbau pour notre création beteiligen wird. Abends werden wir voraussichtlich unsere Tanzbeine schwingen, wie und wer mit wem und wo und wann und wie lange  wird sicherlich Teil eines längeren Hin- und Hers, Auf- und Abs , Äh- und Nähs, Wäh und Gähns sein. Denn gruppendynamisch bewegen wir uns hier auf einem verdammt hohen Niveau. Bis jeweils das Feintunning stimmt, haben die letzten drei übrig gebliebenen Geier endgültig ihre Kreise am Himmel über Waga gezogen. Welpen, Rinder, Junggeckos, Ochsen, Leitkühe, Silberrücken, Ameisenköniginnen und Gottesanbeterinnen sind nicht so einfach in ein Taxi und auf eine Spur zu bringen. Vorlieben, Vorleben, Eigenheiten, Verliebtheiten, Mödeli, Erfahrungen, Animositäten, Egos alles braucht Platz, will wahrgenommen, gewürdigt, und hallooooooooo, ernst genommen werden. OMD Oh Mon Dieu, et Dieu est grand, comme vous vous savez, hein? 


Journaliste1, Journaliste2, Schauspielerin, Lichttechniker

Winter-Perle et Ouadraougou; les deux famillies sont prêt, auch mit erneuter,  unerwarteter Schwangerschaft






Montag, 23. Dezember 2013

Wend na lebga laafi

Langsam, langsam complementiert sich unsere Theatertruppe. Neu. Denn Bö, der Bühnenmeister und Ueli, le Baobab de Ziegelhütte Schwamendingen haben uns bereits wieder verlassen und sind in die europäische Zeitzone heimgekehrt. Mütter, Grossmütter und der Verwandten und Verwittwete mehr, wollen mit ihren Enkelsöhnen das Fest der grossen Emotionen feiern.
Dafür fliegt nun Roger Nydegger, seines Zeichens le metteur en scène de „L’héritage/Das Erbe“, ein. Er soll, so tratschen es die Geier über der Sahara, stark erkältet sein. Mais ca va aller und morgen geht’s ja schon mit den nächsten Proben weiter.
Wir, die wir hier in Waga bereits in Stellung sind und unseren Bewegungsradius und Horizont täglich erweitern – der Ho-riz-ont entspricht in etwa allen Reiskörner in BF, also mit einer Übertreibung hé hé – und meinen neu erworbenen Töfflikenntnissen – waren ja nicht untätig.
Zwar verliefen die beiden angesagten rèpetitions/Proben nicht wie geplant – das erstaunt mich nicht die Kochbanane – aber untätig waren wir gleichwohl nicht. Radio Savane ging am Samstag mit unseren Werbebotschaften und Statements über den Äther. 

Promo, Promo, Promo
 Nous avons commencer avec la promo, et alors ça c’est très important. Denn hier in Waga herrscht zumindest nächtens der Herr Winter und aus diesem Grund bleiben die Menschen lieber zu Hause. Draussen sackt das Thermometer auf tiefe 20 bis 17 Grad und dass ist einfach schweinekalt. Dass heisst, wir müssen alles, promotechnisch gesprochen, aber auch alles geben um die Leute hinter dem Ofen hervorzulocken. Zum Glück sind unsere Waga-Schauspieler bekannt wie mittelprächtige Fussballer – und die kennt hier jeder – aber unsere CH-Schauspieler kennt hier, mit Verlaub, personne. Das wird sich sicher mit der ersten Vorstellung ändern, aber soweit sind wir einfach noch nicht. Punkt. Also Promo, Promo, Promo. Augusta unsere unermüdliche productricé schaufelt uns jeden nur erdenklichen Auftritt zu. 

Glück in Waga
Dazwischen kämpfen wir mit gebrochen Schrauben, in und an einen lebenswichtigen truc des geliehenen Motos. Und sind rückblickend einfach froh, dass die Panne glimpflich verlief.
Wend na lebga laafi – komm gesund zurück, lautet ja die Losung.
Dass das auch so bleibt, wird bereits morgens Brust-, Rücken-, Delphingeschwommen wir ihr dem untenstehenden Bild entnehmen könnt.

Was noch? Ach ja. Wir haben auch bereits eine Tour in das schlingensiefsche Operndorf unternommen und ich, die ich bereits 3!!!! Mal dort war, festgestellt, dass ausser dem Schulpersonal, das bereits vor einem Jahr die Kinder unterrichtete, nix geht. Zwar steht neu die Krankenstation, mais ich habe so meine Bedenken, ob da dann auch tatsächlich mal ein Pflaster appliziert wird. Ich möchte ja nicht pessimistisch sein, aber irgendwie muss da noch Kohle her und wie bereits einmal in diesem Blög moniert, die Standortlage wirft doch ein paar Fragen auf... Die Architektur von Kére ist nach wie vor irdisch schön und klug gedacht, aber das allein reicht leider nicht.

Und jetzt ist es Zeit für ein Nachessen und dann ab auf den Flughafen.

 Und ja der Herr Regisseur Roger Nydegger ist gelandet. 

Und diese Schönheit haben wir heute in unserem Quartier entdeckt.

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Donnerstag, 19. Dezember 2013

Von der Arbeit und von falschen Gesängen, aber nicht von falschen Schlüssen

Ich bin in Ouaga oder Waga, comme vous-voulez, angekommen und schon hat mich der Alltag wieder.
Vor rund 40 Stunden gelandet, stehe ich geerdet im Flugsand, ziehe mir  mehrmals stündlich eine Wolljacke über und wieder aus, denn das aktuelle "Winterwetter" schlägt seine Kapriolen und ich fühle mich grad so heimisch. Es ist die Zeit der Grippeerkrankungen und der Meningitis, wir bewegen uns zwischen 15 und 25 Grad und böigen Winden, mal heiss, mal kalt, angereichert mit Flugstaub, Bakterien, Abgasen und allerlei olfaktorischen Sürprisen. Die Nase läuft, der Hals kratzt und Bö., unser Bühnenbildmeister hält sich tapfer mit Grippemitteln über der Sahara.
Die burkinabéschweizerische Bühenbildcrew, seit über 10 Tagen im Land, hat schon wacker geschraubt, gesägt, gearbeitet und fast alles ist bereits im Lot.
Augusta, la Productrice hat die Propagandamaschine angeworfen und wartet nun auf Flyers und unsere Plakate, die grösstenteils noch in Zürich und der noch einreisenden CH-Crew - als da wären: Regisseur, Schauspielerin, Freunde und Verwandte, Freundinnen und gute Geister - harren.

L'héritage/Das Erbe l'affiche de Alain Kupper

Das Abenteuer "L'héritage/ Das Erbe", ein Stück Familie, in der Schweiz abgespielt, in Ouagadougou ab dem 2. Jänner programmiert, hat definitiv begonnen.
Das war nicht immer soooo klar, hatten wir doch truppenintern mit Krankheit, sowie mit finanziellen  Schlaglöchern,  jenen einer Quartierstrasse in Gonghin, unserem Hauptquartier, nicht unähnlich, zu kämpfen.
Mais maintenant nous sommes en train de faire notre boulot. Comme prévue, zut.

Heute haben wie gemeinsam mit den Technikern des C.I.T.O., unserer Spielstätte vor Ort, die Theater-DVD visioniert. Die Herren müssen ja wissen, was sie zu beleuchten und zu vertonen haben. Theoretisch scheint alles pas de problème zu sein. Gutes Omen, amen!

Bühne=Dao, Ton=Verédique, Licht=Amadou

Weiter ging's mit einer Minifotosession des Bühnenbildes en plain rue. Schöne Geschichte, schöne Farben, schöne Bescherung. Was weniger schön ist, ist einmal mehr die lahmende Internetverbindung und die komischen Schriftsätze, die einfach mir nichts, uns alles, eingezogen sind. Hallooo das ist stinknormaler Text ... Ist da jemand?

Bühnenbild en plain rue

Bühnenbild mit Dame


Liebe Freundinnen und Freunde und Anverwandte und Geliebte und familiär Verhandelte und Unbekannte ich übergebe diesen Blog jetzt dem Netz, denn diese Unwägbarkeiten, sind heute nichts mehr für mich. Aber ich komme wieder. Wenn die Leitung besser besser ist und sich das Programm wieder anständig benimmt.

Wettertechnisch sind wir noch immer frisch und mit Tropfnasen unterwegs. Es ist 22h Wagazeit und das Mückenballett ist auch wie immer, nach Sonnenuntergang auf der Nachtbühne und macht was es am besten kann: STECHEN!  Und in der Nachbarschaft wird Gott gepriesen und so falsch gesungen, dass ich mir sicher bin, dass das mit diesem Gott für heute nichts mehr wird, besser so. Bonne nuit.

Sonntag, 8. Dezember 2013

On est ouagalais, oder wir sind alle ein bisschen ouaga

Kontinent mit Zukunft 
Das Stück heisst "L'héritage/Das Erbe" und wurde im Sommer 13 in der Trinkhalle der Ziegelhütte uraufgeführt. Wer's verpasst hat, ist selber schuld, sagen die, die es gesehen haben. Mais comme la vie n'est pas toujour chocolat, das kann passieren. Doch Rettung naht: "L'héritage/Das Erbe" wird ab dem 2. javier 14 in Ouagadougou gezeigt. Für alle, die nicht gekonnt haben und gewollt hätten, für alle, die sowieso schon lange einmal nach Burkina Faso wollten, für die Ouagalais und alle anderen, die in der Hauptstadt von BF leben, für Touristen und Touristiker, für NGöler und die -innen, für Theaternerds und -freaks, brev pour tout et tous.
Ach ja, der Inhalt. Zwei Familien, eine aus der Schweiz und eine aus Burkina Faso treffen aufeinander.  Lernen sich kennen, tauschen sich aus, gehen sich auf den Nerv, gehen sich aus dem Weg, treffen sich auf dem Friedhof und an der Bar, haben Sex und Missverständnisse und alles was so in einer durchschnittlichen Familie eben so geht. Das ist nicht immer lustig, aber durchaus zum Lachen.

Familie Schweiz und Familie Burkina Faso bringen anfangs noch alles auf die Reihe
Und zwei Hühner waren in Zürich auch mit von der Partie. Ehemalige Legehennen, die sich innert kürzester Zeit in die Gruppe einfügen konnten und sich als wahre Schauspieltalente entpuppten. Nun leben sie wieder  in ihrer angestammten Hühnerei und verdrehen so manchem Gockel den Hals. Für neue Angebote sind Mirabelle 1 et Mirabelle II jederzeit zu buchen. Anfragen an Ueli, le boom (der Baum) Restaurant, Ziegelhütte, Schwamendingen, Zürich (siehe Link, oben). Für die Aufführungen in Waga werden wir ein Hühnercasting ausschreiben, dazu mehr, wenn vor Ort. Claro.

Mirabelle I et Mirabelle II

Das Bühnenbild geht jetzt, das heisst am 9. Dezember auch auf Reise.  Eine logistische Herausforderung, die unsere Bühnenmann Bö, comme d'habitude, auf die Schraube gemeistert hat. Noch sind nicht alle Hindernisse überwunden, mais ça va aller et retour.

Bö, der Bühnenmeister meistert jede Kiste

Und bis dahin wird noch einiges Wasser die Limmat und den Volta runter fliessen. Okay lassen wir, oder besser ich die schlechten Metaphern links liegen, biegen wir ab und geniessen den heutigen zweitletzten Sonntag vor dem Abflug mit TuT, Tatort und Twitter. Eine Hammermischung. Und erst noch mit Ulrich Tukur, was für ein Mann, was für ein Schauspieler. Bis bald wieder auf diesem Kanal.

Dienstag, 22. Januar 2013

Pdp – Pas de problème, alles läuft rund, fast



Montagmorgen à Gounghin, so heisst das Quartier mit meiner Herberge. Ein erster Rundgang auf dem lokalen Markt, auf Tuchfühlung avec ma „vie africaine“, zwischen Anführungszeichen. Zu Fuss, denn noch habe ich mich nicht für ein Fortbewegungsmittel entschieden. En general bin ich mit dem Velo unterwegs. An zweiter Stelle stehen diese chinesischen 125er Pseudovespas, an dritter das voiture, aber das muss organisiert, mit Chauffeur versteht sich,  und teuer bezahlt werden. Oder ich miete mir eine Töffli ... on vera.

Bereits nach 50 Metern wird mir bewusst, dass ich noch immer mit meiner zürcherische Fussgänger Attitude unterwegs bin. Will sagen, zu schnell, zu wenig wiegend, zu wenig offen. Alors Rückschritt für Fortschritt.  Ich passiere rechterhand die grosse Moschee, vor deren Toren immer eine beachtliche Anzahl Männer bettelt. Linkerhand steht der Töggelikasten, noch verweist, aber er wird seine Spieler bald finden. Dann vorbei an Bretterbuden, Bretterverschlägen, kleinen Restos, Frauen, die bereits ihre fliegenden Küchen installiert haben, Natelverkäufern, Kalabassen, Zierrat und viel Unrat, Gockeln, Hennen, Küken. Dann die Früchte-, Tomaten-, Gemüseauslagen, dann Erdnüsse, gesalzen, süss, mit und ohne Röstung. Kochbananen, Essbananen, Minizitronen, Maniok, Fisch, Frischfleisch mit Fliegen und so weiter und so fort. Doch ich peile den Marina Market an, eine lokale Einkaufskette. Denn ich brauche subito Milchprodukte mit garantierter Kühlkette. Néscafé mit Milchpulver ist einfach nicht wirklich mein Ding.

Der Kaffe aus dem Nestchen, die Milch aus dem Nestchen, das Leben aus denm Nestchen, ...

Und da ich von meiner letzten Ouagareise doch Millionen von Einzellern – illegal ich weiss – so genannte Lamblien eingeführt habe, bin ich jetzt grad aktuell auf der  vorsichtigen Seite um mein Verdauungssystem nicht schon in den ersten 48 Stunden zu stressen. Es kommt dann so wieso so wie es kommt, oder.

Punkt 10 steht dann Warren auf der Matte. Heute wird gearbeitet, heute werden wir gemeinsam die Schulklasse besuchen, über und mit der ich eine Fotoreportage erstellen möchte. Warren, Fotografie-Urgestein aus Ouaga wird das ganze auf einen Chip bannen. Warren hat bereits vorrecherchiert. On verra.
Die Reportage soll Teil des Festivals „Pas de problème“, dass wir rund um „L’Héritage“, unser Familien-Theaterstück, gespielt in der Trinkhalle der Wirtschaft Ziegelhütte in Zürich-Schwamendingen, sein. Das Ziel der Reportage ist, eine Diashow für Oberstufenschüler aus Schwamendingen zu erstellen. Eine Art afrikanischer Schulspiegel. „Bestellt“ habe ich eine Schulklasse in einem Aussenquartier, einem Ort der wenig Begüterten und das heisst viel und bedeutet sehr wenig in Ouaga. Und öffentlich soll sie sein, keine Privatschule.

Wir cruisen eine halbe Stunde durch Ouaga. Ich stelle fest, dass viel mehr Verkehrspolizei positioniert ist, als das letzte Mal. An praktisch jeder Kreuzung mindestens zwei Uniformierte. Es scheint, dass die Stadtregierung die Verkehrsregeln, die ohne Zweifel existieren, aber bis jetzt ein eher marginales, bis zur grossen Nichtbeachtung, Dasein führen, durchsetzen wollen ... On verra.

Abends werden mir Augusta, Schauspielerin voller Gnaden und Achille, Schauspieler voller Feuer, erzählen, dass sie beide von der Verkehrspolizei angehalten wurden. Augusta musste ein Busse, bezahlen, weil sie ihre Karre nicht vorgeführt hatte, Achille überfuhr ein Rotlicht. Beide müssen umgerechnet 6000 CFA-Franc zahlen. 100 SFR sind 53'000 CFA. Voilà. Der Staat braucht Geld.

Pausenplatz

Der erste Eindruck ist ein Abdruck. Der Innenhof der Schule ist grossflächig, vier Fussballfelder, geschätzt, drei Bäume geschätzt und rund herum stehen die Schulzimmer. Die Sonne brennt und trotzdem geht ein kalter Wind. Ein jährliches Wetterparadox, das viele krank macht. Einerseits Temperaturen bis über 35 Grad und andererseits eine Art Bise, die in die Knochen fährt, dazu Wüstenstaub, auch wüsten Staub. Das ist Monsieur Harmattan in Januar.

Halimata, 14-jährig, muss noch ein Jahr in dieser Schule bleiben, da ihre Eltern das Geld für den Übertritt in die Oberstufe nicht bezahlen können. 

Ich lerne Halimata, 14 Jahre jung kennen. Sie wird das Mädchen sein, das Warren, der Fotograf für das Schulportrait ausgewählt hat. Wir begrüssen uns kurz, sie spricht leise, senkt den Blick, ist sehr scheu. So ein weisse Tante  aus der Schweiz ..., die Fragen stellt ... Sie hat keine Ahnung wo das ist, Schweiz, Europa? Und natürlich habe ich mal wieder keine Karte dabei. Asche auf mein Haupt, tammi nomal, immer wieder vergesse ich das Einfachste.
Ich habe einzig 30 Bleistifte dabei, aber die Klasse hat über 46 Kinder ... Da stehe ich und fühle mich schäbig.

Abwesenheitsassistenz
Am Freitag, werden Warren und ich Halimata zu Hause abholen und in die Schule begleiten. Im Gepäck einen Ball mit  Miniglobus-Sujet. So kann ich ihr wenigstens zeigen, wo die Schweiz auf dem Globus zu finden ist und was für eine Miniature, dies Land ist.

Kurz spreche ich auch noch mit drei Lehrkräften, zwei Lehrerinnen und dem Lehrer von Halimata. Alle unterrichten über 40 Kinder pro Klasse und unterrichten toutoutout. Mathe, Schreiben, Franz, Singen, Turnen, Geo und was man alles so lernt, für das Leben, eben ... Die Kinder pro Klasse sind zwischen 9 und 15 Jahre jung.

Das erste Beschnuppern ist vorbei, als am Himmel über der Schule ein dicker, fetter Flieger über den Schulhof hinwegdonnert. Ohne Signale, ganz in militärischem Grau. Die Richtung ist bestimmt, vers Mali. Der Krieg ist nah, der Krieg ist da.

Abends tschutten die Hengste aus Burkina gegen Nigeria und gewinnen 1:1. So jedenfalls wird das hier interpretiert. Battu Nigeria, bravo! Ach ja, es spielt die afrikanische Meisterschaft.






Sonntag, 20. Januar 2013

Hund ist mehr Schwein wie Rind - L'afrique hat mich wieder


Das neue Jahr hat begonnen. Mit was für einer Musik. Der Kontostand ist im Sinkflug, aber trotzdem (noch) ausgeglichen, die erste grosse Melancholie liegt bereits hinter mir und seit einigen Stunden bin ich in Ouagadougou.

Die Reise begann um 7 Uhr in der Früh Zürcher Ortszeit im Schneegestöber und endete mit einer sanften Landung pünktlich um 16.50 Ortszeit Ouaga.

Zürich Abgang 7.30 Uhr, Jänner 19.

Dazwischen lagen einige interessante Gespräche, von der Art wie man sie früher, als im Zug noch miteinander gesprochen und nicht autistisiert wurde, erleben konnte. 

Von Zürich nach Brüssel nahm ein flotter Geschäftsmann neben mir Platz, der, so schien es mir jedenfalls einer der Weitgereisten ist. Nicht ein Hauch von Reisenervosität, sondern diese Art Reisemenschen, die sich im Flugzeug so verhalten, als wären sei bei sich in der Gartenlaube, angenehme 25 Grad im Schatten und ein Glas Sancerre. Très distingé!
Genau das Richtige für mich, die ich doch noch immer mit einer gewissen Unruhe im Herzen auf jede Flugreise gehe. Ich bin ja noch immer eine Kurzgereiste. Der Flattersatz und das kurzzeitige Herzrasen sind passé, aber eine mir nicht unangenehme Fiebrigkeit ergreift mich noch immer. Und wenn ich dann alleine reise, ist so ein männlicher Tranquilizer herzlich willkommen. Da werden irgendwelche DerMannbeschütztmich-Chips aktiviert. Und in der Tat, der Mann ist irgendein ranghohes Tier bei IBM in unserem zürcherischen Altstetten. Verantwortlich für was weiss ich denn von IBM und lebt in Belgien, genauer Antwerpen. In der Regel fliegt er am Montagmorgen in Kloten und am Freitag wieder in Brüssel ein. Und das seit sechs Jahren. Davor war er weltweit tätig, jetzt ist er, so seine Worte, quasi sesshaft, obschon er immer wieder auch ins Ausland fliegt. Et voilà. In Zürich bewohnt er kein Appartement oder so was in dem Stile, sondern er logiert im Hotel; weil billiger als eine Wohnung mieten! Et voilà. Und ausserdem ist alles aufgeräumt und immer picobello. Er ist verheiratet, die Frau arbeitet auch und er hat drei erwachsene Kinder, die alle studieren. Und nur eine Tochter raucht ab und zu. Eine Sozialraucherin, wie er präzisierte. In Zürich findet er den öffentlichen Verkehr absolut den Hammer und erst kürzlich hat er das Viadukt entdeckt und ist ganz begeistert. Kurz streiften wir noch Lance, das grosse Lügenpedal und waren uns einig, dass der Mann eine Plage für die Welt ist. Nicht nur für die Pedalöre. Der nette Geschäftsmann hievte dann auch noch meinen schweren Rucksack hin und her. Im Gegenzug weiss Monsieur le Belge nun, warum ich hier bin – vielleicht weiss er gar mehr wie ich – was ich vorhabe, so in etwa, und was ich so treibe in der Schweiz. Aids-Hilfe und so.
Und dann war der Flug auch schon zu Ende und der Brüsseler Flughafen nahm mich in Empfang. Kein Vergleich zu diesem Monster CHdG in Paris. Alles übersichtlich, alles sur place.

Und nach einer längeren Enteisungsaktion – ja es war auch in Brüssel kalt, wenn auch nicht so kalt – starteten wie Richtung Ouaga. Diesmal hatte ich eine Frau, encore une Belge, neben mir. Etwas bieder, wie mir auf den ersten Blick erschien, kleider- und brillenmässig gesprochen, aber ebenfalls sehr nett. Auch sie verstaute meinen schweren Rucksack, auch sie schien mir weitgereist. Trotzdem stellte sich der DieFraubeschütztmich-Modus nicht ein. Gender bleibt Gender ... Na ja, das vertiefen wir jetzt nicht.
Die Frau, mit Vornahmen Nadja, sie nannte ihn mir nach dem ersten Gin-Tonic, flog noch Lomé mit Zwischenlandung Ouaga. Sie arbeite gemeinsam mit Bauern in einem Dorf Nahe der Grenze zu Burkina. Eines der vielen humanitären Projekte in Westafrika. Dazwischen fliegt sie immer wieder mal zu ihren Eltern in Brüssel. Und sie hat einen alten Range Rover gekauft und nach langem Zögern hat sie sich nun auch ans Autofahren gewagt. Das findet sie jetzt absolute Klasse, und als sie mir das erzählte, strahlte sie wie eine reife Mango. Sehr schön. Ihr Freund, ein Einheimischer möchte auch gerne mit dem RR fahren, hat aber noch kein Permis. Das ist ihr dann doch zu riskant, man weiss ja nie ... Während dem Mittagessen, sie trank jetzt Weisswein und nachdem ich sie gefragt hatte, ob sie auch gerne scharf esse, erzählte sie mir, dass sie alles, wirklich alles esse, was die Locals auch essen. Ausser scharf da sei sie heikel. Aber sonst alles. Das heisst auch Hunde. Sie kaufe auch Hunde, töte sie und esse sie. Und sie schmecken eher wie Schweine, denn wie Rinder. Und überhaupt gefällt es ihr sehr gut in Togo und ein bisschen spricht sie auch eine der Landessprachen. Et voilà.

Zwischendurch schenkte ich mir eine halbe Stunde Air-TV. Avatar stand auf dem Programm und da ich diesen Film noch nicht gesehen hatte, nahm ich die Occasion wahr. Nach einer halben Stunde gab ich, in einer unendlichen Langeweile von Blaupause, auf. Was für ein Scheissfilm. Die Story wird auch mit 3D nicht besser.

Sahara, janvier 2013

Und dann war da ja noch die Wüste. Ich hatte das erste Mal in meinen Flugleben einen Fensterplatz, denn ich auch nutzte. Bis jetzt hatte ich immer zu viel Respekt (man kann dem auch Angst sagen) vor den Blicken in die Tiefe. Oder war es eher die Weite? Und verzichtete in der Folge immer auf meinen Ausguck. Aber diesmal nicht.
Und was ich sah, war 10000000000 Mal besser als alle Avatars zusammen. Europa lag unter einer dicken Wolkenschicht. Nordafrika teilweise auch und ab Südmarokko lichtete sich die Atmosphäre.

Niger
Die Sahara. La grande. Wellenförmige Sandmuster von Wind und Wetter, durchzogen von haarfeinen Rissen, Verwerfungen und Erhebungen. Ockergelb, sandbeige, silberbeige, braunbeige, graubraun. Menschenleer ohne Stillstand.
Dann wieder wie fallengelassene Tücher. Leinene, seidene, wollene. Eines und noch eines und noch eines. Ineinander und aufeinander und miteinander. Muster und Formen, abstrakte, nie zuvor gesehene, Farbspiele eines Kindes. Jede Wolke als Schattenspiegel zurückgeworfen.
Fliegen, fliegen, überfliegen.
Winzige Dörfer, Kreise, Quadrate, Vierecke.
Dann der mäandernde Niger. Blaugraues Band durchzieht silberbeige. Keine Spur von grün.   
Dann Bäume, mehr Dörfer, mehr von allem, aber noch immer spärlich. In der Wüste wird gespart. Claro que si.

Sahara

Und irgendwann die Frage noch den Jihadisten. Wo sind die da unten? Denn jetzt überfliegen wir die Region um Tombouctou, so zeigt es zumindest die Flugkarte an. Und was ist eigentlich, wenn jetzt so ein Franzosenflieger daher geflogen käme? Ja was wäre denn? Wären wir in unserer Luftmaschine auf 11000 MüM höher oder tiefer? Hé da unten herrscht Krieg und wir fliegen darüber hinweg.

Ich merke ich habe viele Fragen, keine Antworten und Nadja schläft.

Ich schaue in die Tiefe, in die Weite, staune.

Pünktlich landen wir in Ouaga. Es ist heiss, ich bin da, ich bin angekommen.