Das Spiel der Geister: A tour Jamals/Auf ewig - Premiere in Ouagadougou 16 |
Und am
Freitag war es dann soweit, Premiere in Ouagadougou. Die Generalprobe am
Donnerstag war fast zu gut, um ohne Stress an die Premiere zu denken. Würde nun
an der Ouvertüre alles in Schieflage geraten? Stromausfall, Text vergessen,
kein Publikum, oder eines das inmitten des Stücks rausläuft, Buhs und Einschlafen,
Harmattans Starkwind ohne Ende, keine Presse etc. Und die Gretchenfrage? Wie
wird das Publikum hier, in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou das Stück aus
dem Jenseits aufnehmen? Und damit alle die angesprochenen Themen, wie
Rassismus, Generationenkonflikte, Krankheit, Religionen, Migration,
Homosexualität, Männerbünde, Männerfreundschaften. Wie werden die
Zuschauerinnen und Zuschauer das Stück lesen? Werden sie es goutieren, das
einzelne Passagen in deutscher Sprache sind und einzig aus dem Kontext heraus
zu verstehen sind? Das der Umgang mit Sprache anspruchsvoll – weil der Text in deutscher,
französischer und afrikanischen Sprachen gesprochen wird – ist, und sich die
Ohren zuerst an diese Sinfonie der Töne eingewöhnen müssen ...
Nun, allem
Anschein nach haben sie es gut gelesen, sich gut unterhalten, sich amüsiert und
der Sprachmix war gar kein Problem. Yelkaye! Im Gegenteil, der kreative Umgang
mit den verschiedenen Sprachen wird geschätzt. Logisch wird, wenn Mooré, die
Sprache der Mossi gesprochen wird, am meisten gelacht, aber längst nicht nur.
„Mir viel auf, wie das Publikum auf Sachen, teilweise Kleinigkeiten reagierte, die in Zürich keinerlei Reaktion hervorriefen.“ Eric Rohner
Nicht
wenige sind erstaunt, dass unsere Jenseitsinszenierung weder ein Paradies noch
eine Hölle darstellt, sondern ein absurder Raum, in dem theoretisch und
theatral alles möglich ist. Wo doch die Religion(en) – und hier in Westafrika
im Besonderen – eine klare Vorstellung davon zeichnen, was Gut und Böse, was Sache
ist, zeichnen. Das wirf Fragen auf und hinterlässt auch eine gewisse
Ratlosigkeit. Aber auch Interpretationen wie folgende: Unsere Figuren, sind die
Geister, der Verstorbenen und als solche stehen sie immer in Verbindung mit dem
Diesseits. Da macht auch unser totes Hündchen keine Ausnahme.
Höhepunkte
sind derer viele auszumachen. Zweifelsohne der Fussballmatch (ohne Ball), die
Szene in denen die Männer ihre Mütter spielen und auf ihre Kinder aufpassen,
getanzte und gesungenen Passagen, die verschiedenen Todesarten und, und, und.
Jede und Jeder nimmt mit was ihm gefällt.
„Wie das Publikum beim Fussballspiel sofort Feuer und Flamme war und „ihre“ Mannschaft unterstützte, war grossartig.“ Roger Nydegger
Natürlich
muss ich hier auch erwähnen, dass die Schauspieler eine tolle Leistung geboten
haben. Guter Flow, Textsicher, Spielfreude, alles vom Feinsten. Und auch die
grosse Arbeit, die unsere Szenographen (Issa Ouedraogo und Doris Berger, plus
Staff) vollbrachten, und Amado Sawadogo, der mit wenigen Scheinwerfern ein
zauberhaftes Licht ins Jenseits brachte, und Augusta Palenfo, die, die halbe
Burkinabèpresse zusammentrommelte und im Vorfeld beste Werbung tätigte und zu
guter Letzt auch noch den Premierenapèro organisierte, der Rübisundstübis
gegessen war. And last but not least Roger Nydegger, der einmal mehr mit seiner
Handschrift ein Stück Theater geschaffen hat, dass in Zürich und in Ouagadougou
gespielt werden kann.
"Die klimatischen Bedingungen sind nicht zu unterschätzen. Hier verzichte ich freiwillig auf die letzte Zigarette vor der Vorstellung." Christoph Rath |
Die zweite
Vorstellung war lauwarmer, das Publikum zahlenmässig kleiner, aber sehr
aufmerksam.
Und jetzt
ist die grosse Erholung angesagt. Sprich wir geniessen den Sonntag. Fast.
Denn gestern
Nacht, nach der Vorstellung und nach dem Gin-Tonic und nach dem In-die Sterne-schauen
und endlich bettreif, die Überraschung in meinem Zimmer: eine Ratte.
Keine dicke
fette, aber doch eine Ratte. Nun mag ich ja Ratten, aber nicht in meinem
Schlafzimmer. Zum Glück waren die beiden Schauspieler Christoph Rath und Eric
Rohner noch wach und mit deren Hilfe, bewaffnet mit Turnschuhen (sie können ja
beissen, die Ratten) und Abfallkübeln (zum Darüberstülpen, allenfalls)
vertrieben wir die Ratte aus meinem Zimmer. Runter in Parterre. Dazu muss man
wissen, dass wir auf einer Goldgrube oder Schwermetall nächtigen, je nach
Leseart. Unsere Zimmer liegen auf einem grossen Lagerraum, der jeden Tag, auch sonntags
aufs Neue mit allerlei Zubehör (Batterien, Federn, Kurbelwellen, Schaltern,
Lichtquellen und alles was das Töfffahrerherz beliebt) beliefert wird.
Betrieben von einem chinesischen Grossisten. Über die Qualität und die nötigen
Sicherheitsvorkehrungen, können wir nur spekulieren, dafür wild. Mit und ohne
Ratten.
Wetterdurchsage:
Gestern eine überdurchschnittliche Staubbelastung, Hust, Keuch, Würg. Heute ein
geklärter Himmel und steigenden Temperaturen. Wir gehen schwimmen.
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