Dienstag, 12. Januar 2016

Wir schlafen auf Gold – Die Premiere war ein Erfolg

Das Spiel der Geister: A tour Jamals/Auf ewig - Premiere in Ouagadougou 16


Und am Freitag war es dann soweit, Premiere in Ouagadougou. Die Generalprobe am Donnerstag war fast zu gut, um ohne Stress an die Premiere zu denken. Würde nun an der Ouvertüre alles in Schieflage geraten? Stromausfall, Text vergessen, kein Publikum, oder eines das inmitten des Stücks rausläuft, Buhs und Einschlafen, Harmattans Starkwind ohne Ende, keine Presse etc. Und die Gretchenfrage? Wie wird das Publikum hier, in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou das Stück aus dem Jenseits aufnehmen? Und damit alle die angesprochenen Themen, wie Rassismus, Generationenkonflikte, Krankheit, Religionen, Migration, Homosexualität, Männerbünde, Männerfreundschaften. Wie werden die Zuschauerinnen und Zuschauer das Stück lesen? Werden sie es goutieren, das einzelne Passagen in deutscher Sprache sind und einzig aus dem Kontext heraus zu verstehen sind? Das der Umgang mit Sprache anspruchsvoll – weil der Text in deutscher, französischer und afrikanischen Sprachen gesprochen wird – ist, und sich die Ohren zuerst an diese Sinfonie der Töne eingewöhnen müssen ...
Nun, allem Anschein nach haben sie es gut gelesen, sich gut unterhalten, sich amüsiert und der Sprachmix war gar kein Problem. Yelkaye! Im Gegenteil, der kreative Umgang mit den verschiedenen Sprachen wird geschätzt. Logisch wird, wenn Mooré, die Sprache der Mossi gesprochen wird, am meisten gelacht, aber längst nicht nur.


„Mir viel auf, wie das Publikum auf Sachen, teilweise Kleinigkeiten reagierte, die in Zürich keinerlei Reaktion hervorriefen.“ Eric Rohner
Nicht wenige sind erstaunt, dass unsere Jenseitsinszenierung weder ein Paradies noch eine Hölle darstellt, sondern ein absurder Raum, in dem theoretisch und theatral alles möglich ist. Wo doch die Religion(en) – und hier in Westafrika im Besonderen – eine klare Vorstellung davon zeichnen, was Gut und Böse, was Sache ist, zeichnen. Das wirf Fragen auf und hinterlässt auch eine gewisse Ratlosigkeit. Aber auch Interpretationen wie folgende: Unsere Figuren, sind die Geister, der Verstorbenen und als solche stehen sie immer in Verbindung mit dem Diesseits. Da macht auch unser totes Hündchen keine Ausnahme.
Höhepunkte sind derer viele auszumachen. Zweifelsohne der Fussballmatch (ohne Ball), die Szene in denen die Männer ihre Mütter spielen und auf ihre Kinder aufpassen, getanzte und gesungenen Passagen, die verschiedenen Todesarten und, und, und. Jede und Jeder nimmt mit was ihm gefällt.


„Wie das Publikum beim Fussballspiel sofort Feuer und Flamme war und „ihre“ Mannschaft unterstützte, war grossartig.“ Roger Nydegger


Natürlich muss ich hier auch erwähnen, dass die Schauspieler eine tolle Leistung geboten haben. Guter Flow, Textsicher, Spielfreude, alles vom Feinsten. Und auch die grosse Arbeit, die unsere Szenographen (Issa Ouedraogo und Doris Berger, plus Staff) vollbrachten, und Amado Sawadogo, der mit wenigen Scheinwerfern ein zauberhaftes Licht ins Jenseits brachte, und Augusta Palenfo, die, die halbe Burkinabèpresse zusammentrommelte und im Vorfeld beste Werbung tätigte und zu guter Letzt auch noch den Premierenapèro organisierte, der Rübisundstübis gegessen war. And last but not least Roger Nydegger, der einmal mehr mit seiner Handschrift ein Stück Theater geschaffen hat, dass in Zürich und in Ouagadougou gespielt werden kann.

"Die klimatischen Bedingungen sind nicht zu unterschätzen. Hier verzichte ich freiwillig auf die letzte Zigarette vor der Vorstellung." Christoph Rath
Die zweite Vorstellung war lauwarmer, das Publikum zahlenmässig kleiner, aber sehr aufmerksam.

Und jetzt ist die grosse Erholung angesagt. Sprich wir geniessen den Sonntag. Fast.
Denn gestern Nacht, nach der Vorstellung und nach dem Gin-Tonic und nach dem In-die Sterne-schauen und endlich bettreif, die Überraschung in meinem Zimmer: eine Ratte.
Keine dicke fette, aber doch eine Ratte. Nun mag ich ja Ratten, aber nicht in meinem Schlafzimmer. Zum Glück waren die beiden Schauspieler Christoph Rath und Eric Rohner noch wach und mit deren Hilfe, bewaffnet mit Turnschuhen (sie können ja beissen, die Ratten) und Abfallkübeln (zum Darüberstülpen, allenfalls) vertrieben wir die Ratte aus meinem Zimmer. Runter in Parterre. Dazu muss man wissen, dass wir auf einer Goldgrube oder Schwermetall nächtigen, je nach Leseart. Unsere Zimmer liegen auf einem grossen Lagerraum, der jeden Tag, auch sonntags aufs Neue mit allerlei Zubehör (Batterien, Federn, Kurbelwellen, Schaltern, Lichtquellen und alles was das Töfffahrerherz beliebt) beliefert wird. Betrieben von einem chinesischen Grossisten. Über die Qualität und die nötigen Sicherheitsvorkehrungen, können wir nur spekulieren, dafür wild. Mit und ohne Ratten.

Wetterdurchsage: Gestern eine überdurchschnittliche Staubbelastung, Hust, Keuch, Würg. Heute ein geklärter Himmel und steigenden Temperaturen. Wir gehen schwimmen.


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