Wie fällt
man Entscheidungen? Nach Gefühl, nach rationalen Überlegungen, auf eine
Empfehlung hin? Aus Angst, aus Mut, aus Wut? Schnell, superschnell, langsam?
Mit Würfeln, mit Kopf-oder-Zahl, mit Vodoo? Oder ganz einfach, weil die Geschichte
grösser ist als das eigene Projekt?
Und wie
fällt man Entscheidungen in einer Gruppe? Mit Alphas, Silberrücken und Punks?
Männern und zwei Weibern? Wie, und wann und nochmals wie?
Eine Woche
ist es nun her, seit Ouaga Schauplatz einer bestialischen Aktion wurde. Seit
DIE (sie sind eines Namens nicht wert) eine
ganze Stadt, ein ganzes Land in Angst und Unsicherheit versetzten. Zwar kehrt
langsam aber sicher der Alltag wieder ein und selbst das couvre feu
(Aussgangssperre) wurde wieder verkürzt (01:00 bis 05:00), doch die Wunden sind
noch längst nicht verheilt. Und je nach Gemütslage, je nach Temperament liegen
die Nerven im Freien, dem Staub und der gleissenden Sonne ausgesetzt. Und es
braucht nicht mal eine einzige verdammte Stechmücke, die etwas zu laut
brummtsummt, um schlechte Erinnerungen zu wecken. Geschweige denn laute
Geräusche, Geräusche, die an Detonationen oder Gewehrsalven erinnern. Und deren
hat es viele in einer grossen Stadt. Nächtens noch viel mehr.
Wir fahren nicht nach Koudougou - Ouagadougou 2016 |
Trotzdem
haben wir am Mittwoch die Bühne zurückerobert. Hat unsere Truppe gespielt. Flau,
mit Unterspannung vor lauter Anspannung und vor ein paar Nasen nur, und zwei
Fernsehequipen. Die kommen ja in der Regel nicht nach Ouaga, aber zwei tote
Schweizer und dazu noch Ex-Parlamentarier sind dann doch ein Ticket wert. Mais
alors.
Das
Jenseits und der Tod, Themen unseres Stücks „A tout jamais/Auf ewig“ haben mit
den Attentaten nochmals eine eigene
Färbung angenommen. Sätze wie: Zur falschen Zeit, am falschen Ort, oder: Wer
wird sich an mich erinnern? oder: Glücklich, sind die, die das überleben, oder:
Die Todesstatistik bei Attentaten steigt... Sätze wie diese erhalten einen
neuen, irgendwie schlammigen Beigeschmack. Reumaschmerzen ohne Reuma.
Nie habe
ich mir gedacht, geschweige den erträumt, dass eines meiner Theaterstücke von
der Realität, disons aufgesogen wird.
Am Donnerstag
dann eine fast perfekte Performance und ein Publikum, das von der ersten Minute
an, gefesselt und angezogen ist. Was will man mehr.
Man freut
sich über die neugewonnene Freiheit und denkt an die bevorstehende Tournee.
Doch was
nicht sein soll, soll nicht sein. Wie Frankreich, Deutschland, Österreich auch,
stuft die Schweiz die Lage in Burkina Faso als erheblich gefährlich ein. Und
vor Reisen auserhalb Ouagadougou wird abgeraten. Hmm. Und wohin würde uns die
Tournee führen? Ausserhalb Ouagadougous,
claro que si.
Und als
dann auch noch ein Munitionslager, in der Nähe von Ouaga, angegriffen wird, Waffen
und Munition entwendet werden, fallen die Würfel. Denn man munkelt, der Putschgeneral
Diendéré (im Knast, aber das ist kein Hinderungsgrund um gewalttätig zu sein) und
seine Jungs (ehemalige Präsidentengarde und mit den DIE verbandelt) stecke
dahinter. Wenn auch, ausser dem Überfall, einmal mehr keine Nachricht bestätig
ist.
Und noch
immer sollen Terroristen in Ouaga sein (schreibt die französische Presse).
Stimmt nicht (sagt die Regierung BF) noch immer ist jederzeit ein weiteres
Attentat möglich (sagen alle). Und wie soll man da, umzingelt von Gerüchten,
Tatsachen, Ratschlägen verdammt nochmal eine Tournee machen? Wie?
Indem man
eine Entscheidung trifft und sagt: Wir machen JETZT keine Tournee.
Keine
einfache Entscheidung, aber es ist eine. Es ist unsere. Mitunter einsame. Denn
keine gemeinsame. Denn für unsere Burkinabètruppe wäre ein Tournee durchaus im
Bereich des möglich gelegen. Sagen sie.
Und
plötzlich ist morgen Dernière. Wer wird sich an uns erinnern?
Übrigens: TV5
hat ihren Bericht bereits ausgestrahlt.
TSR-Bericht
soll am Sonntag im Journal zu sehen sein.
Wenn das
jemand für uns aufzeichnen könnte?
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