Samstag, 23. Januar 2016

Alea iacta est – Die Würfel sind gefallen



Wie fällt man Entscheidungen? Nach Gefühl, nach rationalen Überlegungen, auf eine Empfehlung hin? Aus Angst, aus Mut, aus Wut? Schnell, superschnell, langsam? Mit Würfeln, mit Kopf-oder-Zahl, mit Vodoo? Oder ganz einfach, weil die Geschichte grösser ist als das eigene Projekt?
Und wie fällt man Entscheidungen in einer Gruppe? Mit Alphas, Silberrücken und Punks? Männern und zwei Weibern? Wie, und wann und nochmals wie?

Eine Woche ist es nun her, seit Ouaga Schauplatz einer bestialischen Aktion wurde. Seit DIE  (sie sind eines Namens nicht wert) eine ganze Stadt, ein ganzes Land in Angst und Unsicherheit versetzten. Zwar kehrt langsam aber sicher der Alltag wieder ein und selbst das couvre feu (Aussgangssperre) wurde wieder verkürzt (01:00 bis 05:00), doch die Wunden sind noch längst nicht verheilt. Und je nach Gemütslage, je nach Temperament liegen die Nerven im Freien, dem Staub und der gleissenden Sonne ausgesetzt. Und es braucht nicht mal eine einzige verdammte Stechmücke, die etwas zu laut brummtsummt, um schlechte Erinnerungen zu wecken. Geschweige denn laute Geräusche, Geräusche, die an Detonationen oder Gewehrsalven erinnern. Und deren hat es viele in einer grossen Stadt. Nächtens noch viel mehr.

Wir fahren nicht nach Koudougou - Ouagadougou 2016


Trotzdem haben wir am Mittwoch die Bühne zurückerobert. Hat unsere Truppe gespielt. Flau, mit Unterspannung vor lauter Anspannung und vor ein paar Nasen nur, und zwei Fernsehequipen. Die kommen ja in der Regel nicht nach Ouaga, aber zwei tote Schweizer und dazu noch Ex-Parlamentarier sind dann doch ein Ticket wert. Mais alors.
Das Jenseits und der Tod, Themen unseres Stücks „A tout jamais/Auf ewig“ haben mit den   Attentaten nochmals eine eigene Färbung angenommen. Sätze wie: Zur falschen Zeit, am falschen Ort, oder: Wer wird sich an mich erinnern? oder: Glücklich, sind die, die das überleben, oder: Die Todesstatistik bei Attentaten steigt... Sätze wie diese erhalten einen neuen, irgendwie schlammigen Beigeschmack. Reumaschmerzen ohne Reuma.
Nie habe ich mir gedacht, geschweige den erträumt, dass eines meiner Theaterstücke von der Realität, disons aufgesogen wird.
Am Donnerstag dann eine fast perfekte Performance und ein Publikum, das von der ersten Minute an, gefesselt und angezogen ist. Was will man mehr.
Man freut sich über die neugewonnene Freiheit und denkt an die bevorstehende Tournee.

Doch was nicht sein soll, soll nicht sein. Wie Frankreich, Deutschland, Österreich auch, stuft die Schweiz die Lage in Burkina Faso als erheblich gefährlich ein. Und vor Reisen auserhalb Ouagadougou wird abgeraten. Hmm. Und wohin würde uns die Tournee führen? Ausserhalb  Ouagadougous, claro que si.
Und als dann auch noch ein Munitionslager, in der Nähe von Ouaga, angegriffen wird, Waffen und Munition entwendet werden, fallen die Würfel. Denn man munkelt, der Putschgeneral Diendéré (im Knast, aber das ist kein Hinderungsgrund um gewalttätig zu sein) und seine Jungs (ehemalige Präsidentengarde und mit den DIE verbandelt) stecke dahinter. Wenn auch, ausser dem Überfall, einmal mehr keine Nachricht bestätig ist.
Und noch immer sollen Terroristen in Ouaga sein (schreibt die französische Presse). Stimmt nicht (sagt die Regierung BF) noch immer ist jederzeit ein weiteres Attentat möglich (sagen alle). Und wie soll man da, umzingelt von Gerüchten, Tatsachen, Ratschlägen verdammt nochmal eine Tournee machen? Wie?
Indem man eine Entscheidung trifft und sagt: Wir machen JETZT keine Tournee.
Keine einfache Entscheidung, aber es ist eine. Es ist unsere. Mitunter einsame. Denn keine gemeinsame. Denn für unsere Burkinabètruppe wäre ein Tournee durchaus im Bereich des möglich gelegen. Sagen sie.

Und plötzlich ist morgen Dernière. Wer wird sich an uns erinnern?


Übrigens: TV5 hat ihren Bericht bereits ausgestrahlt.
TSR-Bericht soll am Sonntag im Journal zu sehen sein.
Wenn das jemand für uns aufzeichnen könnte?



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