Montag, 8. Oktober 2012

Das Wort zum Sonntag, am Montag


Der Schweizer Apfel

Sonntagmorgen, sieben Uhr. Langsam schraubt sich die Sonne in den Himmel. Das milchige Licht zeichnet die ersten Schatten auf die staubigen Strassen. Die Regenzeit scheint passé zu sein. Die Stadt nimmt langsam Anlauf. Die ersten Läden öffnen die Türen und warten auf den ersten Kunden, der Glück und noch mehr Kunden bringen soll. Die fliegenden Händlerinnen und Händler wischen sich ein Plätzchen sauber und installieren sich. Grillierte Kochbananen werden gewendet, Pfannkuchen in süttig heisses Palmöl getaucht, Baguettes mit Rührei, und falls erwünscht mit allen unmögliche Inn-, und Aussereien, gefüllt. Konfitüre geht auch. Eine Hündin bellt erfolglos gegen Steine schmeissende Jungs an. Mère Poule führt zwei Poussin spazieren. Eine Ziege entsorgt Plastikmüll. Noch ist der Verkehr handzahm.

dimanchetrankil
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Der Monsieur spendiert ihnen ein Bier. Oh, merci!
Der Monsieur heisst Fidel und hat eine Geschäftsbesprechung im Garten der Résidance Galiam, wo ich logiere. Praktisch jeden Tag kommt er ins Hotel, wie etliche andere auch, um seine Mails zu checken. Die Résidance bietet freien Internetzugang.  Da ich nicht eruieren kann, wer denn nun Hotelgast und wer den nun Besucher ist, grüsse ich immer alle. Das fand Fidel nett und darum spendierte er mir ein Bier. Zwei, drei Sätze wurden ausgetauscht, aha Theater, aha Tourismusbranche, aha aus der Schweiz, aha Burkinabé, aha, aha, aha.

Drei Tage später die zweite Einladung zu einem weiteren Bier und einem kleinen Schwätzchen. 17h d’accord? Blödnaiv, naivbblöd? sage ich zu. Ich werde um diese Zeit ja eh in der Résidance bloggen. Alors de quoi? Ein Bier trinken und ein bisschen quatschen. Schadet auch den Französischkenntnissen nicht, en plus. Punkt 17 Uhr steht er auf der Matte. Non, wir werden doch nicht hier ein Bier trinken, wir gehen en ville. Aha. Soll ich? Soll ich nicht? Meine Antennen übertragen mir eine Sicherheitstüre einzubauen. Ich sage zu, aber unter der Bedingung, dass ich um 19 Uhr wieder im Hotel sein muss, von wegen abgemacht und so. Aha.

On y va. Ich nehme zur Kenntnis, dass Fidel einen praktisch intakten Mercedes(logo Occassion) sein eigen nennt. Aha. Wir fahren nicht weit und treffen in einem der vielen Strassenrestos von Ouaga, auf seine Freunde. Begrüssung und viel Blabla und bald fühle ich mich wie vorgeführtes Simmentaler Braunvieh. Die Männer scherzen viel, mal auf Französisch, mal auf Mooré.  So weit ich der Konversation folgen kann, sind die meisten Witze religiös konnotiert. Man erklärt mir, das sei die Plaisanterie, jene scherzhafte Form, die hilft soziale Spannungen zwischen den Ethnien abzubauen. Banalisiert gesagt, wie wenn sich Basler und Zürcherinnen verbal anficken und scherzen, um sich nicht zu prügeln. Dazwischen das übliche, die Schweiz als weltweiter Geldhort und Geldwaschanlage. Aha.

Ich simuliere einen Telefonanruf und gebe vor, ich müsse nun direkt ins Hotel zurück.
Später erzähle ich diese kleine Episode einem Freund. Er erklärt mir, dass die Einladung auf ein Bier, die Einladung zu einem Beischlaf sein. Manchmal brauche es auch zwei Bier. Claro que si, oder? Aha. Künftig zahle ich mein Bier selber.

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Schauspielerin O. möchte unbedingt in der nächsten Produktion von Monsieur X. dabei sein. Was soll sie tun? Schauspielerin A. rät ihr, den besagten Herrn im Hotel aufzusuchen und ihm persönlich das Anliegen vorzutragen. Und wenn er mit mir schlafen will? fragt O. Dann hörst du auf dein Herz und entscheidest dich, rät A. Wie die Geschichte ausgegangen ist? So oder so.

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Eigentlich ich die Schule gratis. Die staatliche Schule auf jeden Fall. Aber wenn sich zu viele um einen Platz in der Oberstufe bewerben, kann es durchaus sein, dass allein für die Entgegennahme des Anmeldeformulars eine Gebühr von 40'000 FCFA (rund 80 Franken und das Durchschnittseinkommen in einem Monat) erhoben wird. Eigentlich ist die Schule gratis.

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Ca se passe à la télé

Wir sind im Fernsehstudio. Aufgezeichnet wird die Sendung „Ca se passe à la télé“, eine Promo-Sendung, in der sich Firmen, Unternehmungen und dergleichen mehr vorstellen können. Das Publikum zur rechten und linken Seite des Moderatorenpultes geben jeweils die Angestellten der eingeladenen Firma. Dazwischen singen, säuseln, rappen, kreischen, düdeln eingeladene Musikerinnen und Musiker, jeden Alters, jeden Stils, jeden Niveaus. Die Sendung wird aufgezeichnet und jeweils sonntags – im Loop – X Mal wiederholt.

Nöel, einer unsere Schauspieler in „SEVRAGE“, möchte eine zweite Karriere als Musiker aufbauen, da ihn das Theaterbusiness immer wieder mal ankotzt. Als Musiker heisst er Nounou und seine Band besteht, in der Regel, aus verschiedenen Musikern und drei Frauenstimmen. Er sei noch auf der Suche nach dem richtigen Sound, darum versuche er sich auch in diversen Sparten. Was zwischen Tradition und Rock, Chanson und Pop und seiner eigenwilligen Interpretationsart halt.

Bereits um 13 Uhr mussten wir vor Ort sein, aber dann fand die Eile ein jähes Ende. Zuerst wurde gegessen und lange auf den Moderator gewartet. Als der endlich eintraf, war er überbusy und hatte nur ganz kurz Zeit. Ich wurde fälschlicherweise für die Weisse gehalten, die auf Mooré singt ... désole. So wurde es fast halb drei, bis wir endlich im Studio landeten.

Und hier stehen wir nun. Für den Soundcheck muss der Tontechniker zuerst das Mischpult einrichten und dann seine Kabel sortieren. Zwischenzeitlich trudeln immer mehr Musiker ein. Sie alle dürfen, wie Nöel auch, zwei Songs zum Besten geben. Von Musikstarsternchen über Reagge-Rasta-Yeahh-Jahh-Man, zum Coraspieler, zum Protestsänger, zum coolen Rapper ist alles zu haben. Bevor der erste Check  von statten geht, haben wir die erste coupure (Stromausfall).

Das ganze Studio ist in Dunkelheit gehüllt. Einzig die Handypfunzel des Tönlers strahlt ein bisschen ins Schwarze. Die üblichen anzüglichen Bemerkungen, die wahrscheinlich weltweit überall und bei jedem Stromausfall gemacht werden, werden auch hier gesetzt. Auf meine Frage, ob es den kein Notstromaggregat gibt,  schliesslich ist das hier das Staatsfernsehen, sagt man mir, ja, doch, aber bis das jeweils anläuft ist die coupure bereits vorbei.

Und in der Tat, es wird wieder Licht. Weiter mit dem Soundcheck. Doch das eine Kabel will nicht recht und so muss ein neues her, sprich gesucht werden. Das dauert und hoppla, die nächste coupure. Ein paar Minuten später, Licht und Kabel sind jetzt vorhanden dauert der erste Soundcheck ganze dreissig Sekunden. Zweimal Gitarrenschrumschurm und einmal ins Mikro gehaucht, fertig. Der zweite Soundcheck hat auch seine Tücken. Diesmal ist die Gitarre futsch und wer lehnt nun so auf die Schnelle die seine aus? Kurze Diskussionen, dann ist man sich einig, dann hoppla, die nächste coupure. Nein, es ist nicht zum Lachen. Es ist zum Brüllen.

Als das Licht wieder angeht, steht die Belegschaft, respektive das Publikum auch noch im Studio. Alle schön gewandet und die Frauen mit ihren schönsten Perücken, eingehüllt in süsse Parfüms. Ihre Chefs nehmen direkt am Moderatorenpult Platz. Vom Moderator ist noch nichts zu sehen. Eine Frau staubt das Moderatorenpult ab und richtet die Mikrophone. Eine Kamerafrau und zwei Kameramänner sind nun auch noch im Studio und bereiten sich auf die Sendung vor, nehme ich an, obwohl ich die Vorbereitungen nicht wirklich sehe. Wo sich die Senderegie befindet ist nicht auszumachen.

Und wieder trudelt eine Schar Musiker ein. Ich will wissen, ob die nun alle in dieser Sendung auftreten? Mais, non, wir zeichnen heute zwei bis drei Sendungen auf.
Es geht weiter mit Soundcheck und ebenso mit den coupures. Irgendwann hat auch Nöel seinen Check hinter sich gebracht. Er ist nervös, denn langsam aber sicher rennt die Zeit davon. Es ist bald 15.00 und um 16Uhr müssen wir reisefertig für SEVRAGE in einem anderen Stadtviertel sein. Vom Moderator noch immer keine Spur.

Die nächste Aufgabe heisst eine Reihenfolge erstellen, in der die Musiker jeweils auftreten. Das ist noch nicht gemacht? Mais, non. Klar ist, Nounou kommt zuerst, er muss ja dann weg. Aber wer hat einen Pic, einen Kugelschreiber? Und wer hat ein Blatt Papier? Und wer schreibt? Und für wen macht man diese Liste? Ach so, für den Moderator.

Und nein, pas encore une coupure, nach sechs gezählten Stromausfällen in 1,5 Stunden geht nun alles seinen richtigen Weg. Der Moderator schwebt ein, witzelt was von zu heiss und so und bringt die Frauen im Publikum zum Lachen. Und erinnert alle daran, dass heute Sonntag ist, nicht Mittwoch. Dann kommen sich die Kamerafrau und ein Kameramann ins Gehege, das heisst ihre Kabel verfangen sich, es schein unklar, wer wenn im Sucher hat und welche Kamera aufzeichnet. Kurzer, heftiger Wortwechsel und schon ist es auch wieder vorbei.

War das nun ein Training oder schon die Aufzeichnung? Nöel meint, es sei die Testaufnahme, aber die würden oft verwendet, da ansonsten die Leute zu nervös seien ... Was denn nun?
Es ist 15.40 als Nounou endlich singen kann. Um15.50 bestiegen wir den Töff und fahren zum Treffpunkt. Wir werden nur ein bisschen zu spät eintrudeln. Unterwegs fahren wir an einem Unfall vorbei. Aber das ist doch das Auto von Augusta, einer Schauspielerin, die ebenfalls um 16 Uhr am Treffpunkt sein sollte. Was ist passiert? Ist jemand verletzt? Nein nur ein Blechschaden. Zum Glück. Jetzt warten wir alle auf die Polizei. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Apple c’est Suisse, non? Nein, Apple ist eine amerikanische Marke. Bist du sicher? Ja, ich bin sicher. Warum? Hé ici en Ouaga sind alle überzeugt, dass Apple und iPhone et tututtu aus der Schweiz kommen. Warum? Weil alle Schweizer, die hier in BF sind Applecomputer und iPhone haben, tous, tous, tous.



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