Freitag, 5. Oktober 2012

OSER LUTTER - SAVOIR VAINCRE 2èm partie


Wehe, wenn die losgelassen .... Bacchantinnen
Bis, ja bis, eine Woche, notabene, vor der nächsten Arbeitsstaffel, Etienne  Minougou, Schauspieler, Regisseur, Dramaturg und seines Zeichens Directeur des « Récréâtrales » (Résidences panafricaines d’écriture, de création et de formation théâtrales) et de la Compagnie Falinga au Burkina Faso, 
Promoteur de la Coalition africaine pour la Culture Expert associé au programme culture UE/ ACP der Companie erklärte, ihre Produktion sei ersatzlos gestrichen, die Cartes blanche von Tassembédo nichtig.

Et voilà. Und plötzlich stehen rund 20 Künstler ohne Engagement, ohne Geld auf den staubigen Strassen von Ouaga. Künsterinnen und Künstler, die andere Angebote ausschlugen, sich nicht an Ausschreibungen beteiligten, brev, die auf die Bacchantinnen setzten. Und die bereits sehr weit gekommen waren. Und bereits sehr viel Gratisarbeit geleistet hatten.

Nun ist dieser Vorgang nicht einzigartig. Das Produktionen abgesagt, verschoben werden kommt immer wieder vor. Hüben wie drüben. Bloss das drüben, sprich in der Schweiz mindestens die Mindestregeln eingehalten werden müssen (was auch nicht immer passiert, ich weiss). Aber dann ist die Schlichtungsstelle dann doch zur Stelle.

Hier lasten solche Konsequenzen ungleich schwerer. Da Geld immer knapp ist und sich die Menschen im Hinblick auf Engagement oftmals verschulden, sind Njets eine Katastrophe mit langen Rattenschwänzen. Schulausgaben für Kinder, längst fällige Medikamente, Schuldensanierungen, ja selbst das Benzin für den Töff kann nicht mehr bezahlt werden. Und, nein deine Freunde kannst du nicht anpumpen, die stehen in der gleichen Kloacke, ohne Gummistiefel ...

Und so werden in der Regel, solche „Schicksale“ murrend akzeptiert und sind bald vergessen. Bis zum nächsten Mal. Umso erstaunlicher, dass diese Dionysos-Equipe nun beschlossen hat, sich nicht einfach zu beugen. Sondern es wagt Fragen und Forderungen zu stellen, drüber zu sprechen, ihre Kollegen und Kolleginnen zu informieren, den verweigerten Dialog (per Mail wurde zweimal angefragt, ob man denn nicht doch ...) zu veröffentlichen und weiter zu proben. Auch ohne Saläre.

Irène Tassembédo ist mit von der Partie. Das heisst, die Proben finden weiterhin bei ihr statt, für die Equipe wird weiterhin gekocht, wer dringend Benzinmünz, Kinderbetreuung oder sonst was braucht, erhält ein Minimum an Unterstützung. Auch sie nutzt ihre Kontakte, informiert ihre Szene. Auch sie findet die Art und  Weise wie mit den Künstlern umgegangen wird, diese Respektlosigkeit! eine Frechheit.

Warum hat man die Carte blanche von Irène Tassembédo mir nichts dir nichts gestrichen? Was für ein Machtkampf wird auf den baren Füssen der Schauspieler ausgetragen? Gibt es eine hidden agenda, von der nur Eingeweihte wissen? Warum, wenn den schon etliche, versprochene Gelder nicht ausbezahlt werden, wird nicht linear bei allen Produktionen gekürzt? Hier sprechen ja dauernd alle immer von der Solidarität, die wir längst nicht mehr hätten ... 
Und um wie viel Geld handelt es sich? Wieso wird das alles nicht offen kommuniziert?  Die Schweizer halten ihr Geld, so hört man, auch zurück. In der letzten Buchhaltung sind Unregelmässigkeiten aufgetaucht ... Viele Fragen, wenig Antworten. Es wäre spannend, dieser exemplarischen Geschichte nachzugehen. Aber welche Publikation würde so einen Artikel veröffentlichen?

Geschichten aus Westafrika sind in unseren Medien noch immer rar. Lieber publizieren alle, jeden Tag, jeden verdammten Scheiss, denn irgendwo ein amerikanischer Präsikandidat von sich gibt. Der amerikanische Wahlkampf scheint für die Schweiz von allerhöchster Priorität zu sein, dabei sind die Geschichten aus dem laufenden WK nicht einen Klick wert. Wirtschaftsmacht, Wirtschaftsmotor, Colapower über alles. Bin kurz abgedriftet, aber das geht mir gewaltig ans Gäder. Dieses einseitige Themensetting. Das war im letzten Jahrhundert noch knapp okay, aber hé! die Welt ist längst eine andere und nicht einzig die Sternenbannerpolitiker oder Wirtschaftsagenturen schreiben Geschichte(n).

Und wenn ich schon am Abdriften bin, ein kurzer Ausflug in die Tier- und Umwelt. Heute haben mich mindestens schon 30 Mücken gestochen, gestern waren es eben so viele, und morgen werden es nicht weniger sein. Anti Brumm für die Katz! Die Temperatur liegt aktuell bei 36 Grad und seit neuestem müssen sich alle, die eine Natelnummer haben, registrieren lassen, ansonsten wird die Nummer gekappt. Heisst es offiziell, ob es dann auch tatsächlich so sein wird, on verra.
Und aus noch nicht verifizierten Gründen scheint Gas Mangelware zu sein. Die Menschen stehen stundenlang mit ihren leeren Gasflaschen, auch für die Katz.

De retour. Les bacchantes. 
DIONYSOS:  Hier bin ich nun, in Theben, ich, der Sohn des Zeus,  Dionysos, den einst des Kadmos Kind, Semele,  in eines Blitzes Feuerstrahl zur Welt gebracht. Als Gott in menschlicher Gestalt erreichte ich
den Quell der Dirke und die Fluten des Ismenos.
Das Grabmal meiner Mutter, die der Blitz erschlug,
erblick ich dort am Schloß, und ihres Hauses Trümmer;
sie rauchen heut noch, Glut des Zeus, und künden ewig
von Heras wilder Eifersucht auf meine Mutter.

Ich lobe Kadmos, der den Platz als Heiligtum
der Tochter weihte; und ich hegte diese Stätte  rings ein mit frischem, traubenreichem Rebengrün. 
Botenbericht des Hirten vom Treiben der Bakchen:
Da sah man Rippen, sah gespaltne Hufe wirbeln  nach hier, nach dort. Und an den Tannen blieb es hängen  und ließ, blutüberströmt, die Tropfen niederrinnen.  Die Stiere, sonst so übermütig und geneigt  zum Stoße mit den Hörnern, taumelten zu Boden,  von tausend starken Frauenarmen fortgeschleift.  Und schneller ward das Fleisch in Fetzen fortgetragen,  als deines königlichen Auges Wimper zuckt.    Dann stürmten, wie ein Vogelschwarm, der aufsteigt, sie  zur Niederung hinab, die längs des Asopos  die fetten Ähren der Thebaner reifen läßt,  und stürzten sich, ein feindlich Heer, auf Hysiai  und Erythrai am Fuße der Kithaironberge,  und schleppten alles fort in buntem Durcheinander.  Aus Häusern rafften sie sich Kinder auf. Und was  sie auf die Schultern luden, das blieb ohne Riemen  dort haften, stürzte nicht herab zur schwarzen Erde,  auch Erz, auch Eisen nicht. Auf ihren Locken trugen  sie Feuer, das nicht sengte. Wütend nun ergriff  das Volk, das von den Bakchen sich geplündert sah,  die Waffen. Das ergab ein seltsam Schauspiel, Herr:  Die Bauern schlugen mit den Waffen keine Wunden,  die Bakchen schleuderten den Thyrsos aus der Hand  und trafen bis auf Blut und jagten, sie, die Weiber,  die Männer in die Flucht! Da war ein Gott im Spiel!  
Proben zu den Bacchantinnen - chez Irène Tassembédo

Hier in Ouagdougou ist kein Gott mit im Spiel. Abgesehen davon, dass sich gewisse Theatermacher durchaus wie Götter, denen alles offen steht, benehmen. Nein, hier berauscht sich niemand, kein Ausrasten, kein wildes Gebaren, kein Furiengesang. Einzig eine Truppe von Schauspielern, die sich nicht mehr alles gefallen lassen will. Mit einer Frau an der Spitze, die genug Einfluss und Macht hat, den Kampf gegen die Ungerechtigkeit zu führen ...

Die Proben dauern lange, inklusive Samstag. Von 8 bis 13h, von 13.30 bis 17 oder auch 21h. Viel Choreo, viel Tanz, viel Textarbeit. Kostümprobe, Musikprobe, Licht- und Tonproben.
Jetzt stehen auch die Spieldaten fest, der Spielort ist gebucht und es wird in direkter Konkurrenz zu den Récréâtralauführungen gespielt werden. Gleiche Tage, gleiche Spielzeiten. Zwischenzeitlich wird der Kampf auch finanziell von verschiedensten Privatspenden unterstützt. Jeder FCFA ist willkommen.

Wie auch immer der Bacchantinnen-, oder ist es eher der Kampf des Dionysos? enden wird, gewonnen  haben die Künstler und Künstlerinnen sowieso.

p.s. Die so viel gepriesene Solidarität unter den Künstlern hier im Lande, hält sich in engen, um nicht zu sagen engsten Grenzen ...


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