Bühnenbilder lassen die Bühne sprechen. Unterstützen das Stück, treiben es vorwärts, setzten Akzente, schaffen Atmosphäre, tragen ein Stück Illusion bis der Vorhang fällt.. Bühnenbilder sind das Salz im Theater. Ob auf nacktem Boden gespielt oder aufwändigst inszeniert, ohne Bühnenbilder wäre das Theater nur halb so verführerisch. Natürlich gehört das Licht, der Ton ebenso dazu. Wenn wir von unserem Bühnenbild sprechen, müssen wir auch von Martin Bölsterli, genannt Bö sprechen. Seit nunmehr vier Kreationen entwirft er – immer in gemeinsamer Arbeit mit Kollegen von
Face-O-Scéno - das bedeutet Kulturaustausch auf jeder erdenklichen Ebene, sprachlich, kulturell, soziologisch, religiös, freundschaftlich - unsere Bühnenbilder.
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Bö bei Face-O-Scéno |
Nach vielen Sitzungen in Zürich, meist begleitet von einem Aperò, oft bei einem gemeinsamen Nachtessen, im mindesten bei einem Bier – in Erinnerung an unsere Bierkultur in Ouaga – präsentiert er uns einen ersten Vorschlag. Genauer ein erstes Model. Dieses erste Model hat bereits einen weiten Weg hinter sich. Recherche, Stückinterpretation, Austausch mit Ouaga. Bö, hauptberuflich als Architekt für
bölsterli hitz gmbh tätig, ist ein Meister der Visualisierung, der Reduktion und ausserdem ein hervorragender Handwerker, mit dem nötigen kreativen Esprit, den es im Theater braucht. Logo, kann man hier einwerfen, das muss er auch sein in seinem Metier, aber er ist auch einer, ein Meister. Ich bin jeweils ganz gespannt auf seine ersten Vorstellungen des Bühnenbildes, wenn er – immer mit den
Drehbleistift in der Hand, das Model aufstellt und uns seine Vision, seine Ideen erklärt. Warum und was und weil und das Stück und überhaupt und sowieso. Wenn er bereits während der Präsentation abschweift – nie so lange wie ich jeweils abzuschweifen pflege ..., diejenigen, die mich kennen wissen wovon ich spreche ..., – und einen zweiten, dritten Vorschlag ausbreitet, den ersten erweitert, umdeutet. Wenn er mit dem Skalpell schnell und sicher ein weiteres Model ausschneidet, klebt, beschriftet. Schnell eine Figur dazustellt, damit auch wir, das heisst die Regie und ich die Relationen erkennen. Immer mit Rückfragen, immer an das grosse Ganze denkend.
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Spiel-Zeug |
Ich erinnere mich an seinen ersten Entwurf für Gombo Noir, eine Adaptation von Gogols Revisor. Ein Stück über die verführerische Kraft des Geldes und die daraus resultierende Korruption. Bö schwebte eine Art XXXL Drehscheibe vor, auf der die meisten Aktionen stattfinden sollten. Er zeichnete, entwickelte und tauschte sich mit Dao Sada von Face-O-Scéno via Mail, Skype und Telefon aus. Die Idee nahm langsam aber sicher Form an, bis wir dann in Ouaga ankamen – Bö das erst Mal überhaupt – und ihm und uns rasch klar wurde, dass seine Drehscheibe unweigerlich im Sand der grossen Sahara stecken bliebe. Und tourneetauglich wäre das Ding auch nicht, da zu schwer, zu ungetüm. Hinzu kam das schlechte Material, ob dies nun Stahlträger, Schrauben, Räder, Holz, Farbe, Klebstoff, oder was weiss der westafrikanische Geier war. In der Folge zimmerten die Szenografen, wie die Bühenbildner hier heissen, ein abgespecktes, tourneetaugliches Bühnenbild, das aus fünf aneinandergehängten, multifunktionalen Türen bestand. Nicht ganz im Lot das Ganze, aber durchaus zu einer Komödie passend. Hinzu kamen Kartonhocker (Direktimport CH-BF) und viele Accessoires. Es war ein schönes, dem Stück dienendes Bühnenbild und in jeder Schraube steckte eine grosse Portion Erfahrung. Wenn gleich die Tourneetruppe immer wieder monierte, das Teil sei viel zu schwer …
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Auf Tournée - Bühnenbild samt Equipe |
Ein paar Jahre älter, erfahrener und bestens an die Konditionen in BF angepasst spielt „L’OR DE YENNENGA“ heuer in einem maximal reduzierten Bühnenbild. Vorbild standen die Bastelbögen, die jedes Schulkind aus der Schweiz kennt. Verschiedene einfache Elemente ergeben zusammen die Silhouette eines Dörfchens. Inklusive zweier Bäume, fast zwei Baobab.
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Probe im Bühnenbild L'OR DE YENNENGA |
Stahlrahmen, ummanteln dünne Holzplatten, deren mit Stoff tapeziert rauhe Oberflächen an die Lehmbauten auf dem Lande erinnern. Entworfen von Bö. und Issa, ausgeführt von Issa und seiner Truppe von Face-O-Scéno.
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Detail Baobab Bühnenbild L'OR DE YENNENGA |
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Issa Scénographe Face-O-Scéno |
Issa Ouadraogo einer der wenigen Szenografen
vor Ort, der Pläne lesen und selber zeichnen kann. Eine Rarität, denn die
meisten Bühnenbildner hier, arbeiten aus dem Kopf heraus – oder Bauch? –,
imaginieren, improvisieren und tasten sich so an das Resultat heran. Das
funktioniertmeist nicht schlecht, ist aber nicht immer gut genug und oft auch
Zeit-, Material- und Geld verschleissend. Diesmal ging alles schlank über die
Bühne, ohne Haken und Ösen und mit hiesigem Material. Das bedeutet nicht Made
in Burkina Faso, sondern Made Partout, das meiste davon in China.
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Bö., der sich für diese Produktion in
Ouagadougou leider nicht freischaufeln konnte, kann zufrieden sein. Und das
nächste Bühnenbild kommt bestimmt.
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