Freitag, 21. September 2012

Vaginas sind geil - Les Monologues du vagins


Nach dem grossen Regen und einer gefühlten hochprozentigen Luftfeuchtigkeit wagen wir uns am Abend in ein anderes Feuchtgebiet vor. Im Theater C.I.T.O. werden die Vagina-Monologe von Eve Ensler  gegeben. In einer Inszenierung von Augusta Palenfo, unserer umtriebigen Produktionsleiterin. Wie sind gespannt, denn über die weibliche „boutique“, wie die Vagina hier auch benannt, (noch) nicht bemannt, ist, wird eher selten gesprochen. Was nicht heisst, dass sie nicht viel Arbeit hat. Aufgezeichnet wurden die Monologe von? Die rund 200 Interview mit Frauen rund um den Globus geführt hat.

Apfelvariante
Augusta hat uns schon im Vorfeld erzählt, dass die Inszenierung keine einfache Sache war, seit die Frauengruppe des C.I.T.O. beschloss, die Monologe zu inszenieren. Als Ermutigung für die Frauen, als Diskussionsgrundlage für Frauen und Männer, als eine der wenigen Möglichkeiten sich selber Arbeit, die auch Spass macht, zuzuschanzen und ein Thema aufs Tapet zu bringen, das überfällig ist. Ein Stück, das bereits tausendfach abgespielt wurde, weltweit und immer wieder. Das, da von einer Amerikanerin verfasst, genug Distanzierungsmöglichkeiten - falls die Empörung zu gross würde - bereithält. Denn würde eine hiesige Dramatikerin, solch ein Werk verfassen ... oh la la c’etait pas le même. Augusta wollte, dass 5 Schauspielerinnen die Monologe bespielen, nicht einzig vorlesen. Wie das zum Beispiel Iris Berben auf ihrer Deutschlandtournee tat. Aber bald stellte sich heraus, dass die Monologe für die meisten Schauspielerinnen nicht zu bespielen waren. Zu sehr sind sie auch Teil dieser Kultur, der es nicht einfach fällt über Sexualität, über ihr Geschlecht, ihre Vagina zu sprechen. Und dann war auch die Angst vulgär zu sein. Das war nicht die Angst von Augusta, sondern die Angst einer europäischen Regisseurin, die ganz klare Vorstellungen hatte, was eine vulgäre und was eine respektvolle Inszensierung ausmacht. 

Und dann stand sie da, in grauen Leggins, einem unscheinbaren Hemd, einem rot leuchtenden Schal, die Haare unter einem schwarzen Tuch verborgen. Patricia. Und dann erzählte sie, dass das war wir nun Hören und Sehen nicht der PC, political correctness entspräche. Hoffentlich nicht, dachte ich so still vor mich hin, sonst wird das ja gar nicht heiter ... Der erste Monolog gehörte einer rasierten Vagina.  Einer Vagina, die – weil er sonst keinen hochkriegt und sich auch graust – täglich geshaved werden muss. Konsequenz: immer rote Pickel, Mückenstichen gleich, kratzen wenn die Haare spriessen und sich fühlen wie ein kleines Mädchen oder ein rasiertes Poulet.  Der Mann betrügt dann die Frau und mang geht in die Paartherapie. Ach! Und als Versöhnungeste darf diesmal der Mann  an die Rasur. Es nützt aber nichts, er betrügt seine Frau weiter. Fazit, wer Vaginas liebt, muss auch die Schamhaare mögen.

Der zweite Monolog gehörte Paul. Paul war gar nicht der Typ, den diese Vagina einlassen wollte, es dann aber trotzdem tat und feststellen muss, dass der unscheinbare Paul ein grosser Vaginakenner ist. Ein Connaisseur, ein Geniesser. Und der mit seinem Verhalten der Frau die Welt zu ihrer Vagina öffnete, im Wahrsten Sinne des Wortes. Den Paul erforscht und schaut und staunt und geniesst.
Der dritte und die restlichen Monologe gehörten vergewaltigten, geschundenen, beschnittenen und gebärenden Vaginas.
Und dann war das Stück auch schon vorbei. Die Reaktionen des Publikum gemischt.
Ich bewunderte den Mut der Frauengruppe das Stück zu zeigen und genau diese und keine anderen Monologe auszuwählen. Denn Vergewaltigungen im Krieg und Beschneidungen sind hier, in Westafrika und weiteren Teilen des Kontinents nicht blosse Themen auf der Agenda, sondern Realität. Und ich war gleichzeitig enttäuscht von den Monologen. Von den Texten. Die waren mir dann doch zu korrekt. Vielleicht liegt es an der Übersetzung, vielleicht an? was weiss ich. Ich werde die Monologe lesen und mir  dann ein Urteil anmassen. Oui. So aus dem hohlen Bauch, oder auch direkt aus Perspektive der boutique, fehlte mir dann doch einiges. Die Lust, das Staunen, die Geilheit, das Lachen – nach meiner Vorstellung können Vaginas lachen, ich meine was einer Vagina im Verlaufe eines Lebens so alles unterkommt ... – , aber auch die Wut, die Verweigerung und ja auch den Schmerz, das Blut gehört zu einer Vagina, aber in einer direkteren, unverhüllten Sprache soll man sie sprechen lassen und nicht in der bemühten PC, um ja niemandem auf die Eier zu treten, den weiblichen, wie den männlichen, Vaginas sind geil. JA in jedem Sinne. Da gibt’s nichts dran zu rütteln. Punkt. Und man soll sie ja nicht beschneiden. Punkt.
Und warum hat man Angst vor der Vulgarität? Dem Einfachen, der Schlichtheit, der Ursprünglichkeit, dem einfachen Volk? Hä? Hé! Und in diesem Sinne: ein feuchtes Wochenende.

Und ich habe jetzt einen 4. fallower und bin ganz stolz.

Und in der Zwischenzeit. das heisst in ein paar wenigen Stunden habe ich die Monologe (sämtliche) auch gelesen. Und bleibe dabei: Als Theaterstück sind sie mir zu wenig dramatisiert. Es sprechen ja nicht die Vaginas, es sprechen die Frauen von ihren Vaginas. Für meinen Geschmack müsste man das Material adaptieren und spielerisch umsetzen, auch auf die Gefahr hin zu scheitern oder vulgär zu wirken. Aber Hand auf die Klitoris, zumindest in unseren Breitengraden, muss man einiges tun um im Theater vulgär zu sein. Politisch geht das viel einfacher, siehe causa SVP. Aber die machen ja zur Zeit endlich einmal alles richtig, also falsch. Sorry, bin vom Weg abgekommen ...
Als dokumentarische Recherchen sind die Monologe gut. Und wichtig.

Und soeben hat mir Fidel ein Bier spendiert und ich bin ganz ...







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