Montag, 12. März 2012

Le 8 mars et voilà, c'est comme ça!

Der Tag begann plan-, will schreiben bilderbuchmässig. Trankil der Einstieg, etwas Wind und viel Temperatur, will schreiben bereits um 10 Uhr war es so heiss, dass meine Kniekehlen schwitzten. Auf dem Weg in die Innenstadt, auf dem chinesischen Roller, Staub im Haar, Dreckluft. Ebenfalls auf dem Weg, die Frauen. Es ist 8. März, es ist internationaler Frauentag. Ein Frei- und Festtag in ganz vielen afrikanischen Staaten. Und alle Frauen, die es sich leisten können, haben sich sich prächtige, schöne, konventionelle, sexy, très en mode-Modelle auf den Körper schneideren lassen. Mit dem Extra-Stoff zum 8. März.

En tenue - 8 mars 2012, Ouagdougou
Und heute ist ebenfalls unser Tag. Premiere. Wir sind alle ein bisschen angespannt, ein bisschen nervös. Wir tändeln herum, und die Stunden vergehen trotzdem im Minutentakt. Tick, tack, tick, tack.
Lysistrata, die Starke. Wenn Frau nicht will, geht gar nichts mehr. Voilà, c'est comme ça! SEVRAGE unser Stück. Wie wird es ankommen, wird unsere Truppe en forme sein? Trankil, pas de souci. Wer zweifelt, zweifelt für sich.

Markieren ist wichtig
Unsere Arbeit ist praktisch abgeschlossen.. Nun gehört das Stück den Schauspielerinnen und Schauspielern. Sie werden SEVRAGE Leben einhauchen, das Stück zum Leben erwecken. Im besten Fall. Im schlechteren werden sie das Stück durchpeitschen oder durchhängen. Mais, pas de souci - jetzt muss das Kind ins Licht, raus auf die Welt, werfen wir es auf die berühmten Bretter, äh den Beton des C.I.T.O.  Keine Sorge, das Kind ist stark. Hoffentlich kommt genug Publikum. Denn in der Regel geben die Frauen an diesem Tag Vollgas. Es wird getanzt, getrunken (nicht wenig), gegessen, geflirtet, es werden Reden gehalten, die Zukunft wird beschworen, die Vergangenheit gelobt. Resümieren, präsentieren, überzeugen. Die Zukunft gehört den Frauen, gemeinsam mit den Männern - und ist nicht verweiblicht, wie so gerne in Helvetien von so etlichen "richtigen" Männern und Pädagogen, salutiert von selbstgerechten Mitstreiterinnen, moniert wird. Sissitussis, Angsthasen. Wer Angst vor Frauen hat - restez a la maison! Macht den Haushalt, schaut zu den Kindern, macht die Wäsche, unentgeltlich und geht irgendeiner mies oder gar nicht bezahlten Arbeit nach, lasst euch ausbeuten, ... Aya! Schluss damit!

SEVRAGE - plus de sex
Wir haben unseren Schauspielerinnen und Schauspielern in den letzten Tagen noch einiges mit auf den Weg gegeben. Haben Text gestrichen, Szenen wieder und wieder durchgespielt, Übergänge geprobt, mit den Musikern Stück um Stück definiert, das Licht ins Licht gesetzt. Standpunkte markiert.
Loslassen. Jetzt. Noch fehlt der richtige Atem, noch fehlt das Publikum. Nach unzähligen Diskussionen, hunderten von Probestunden, Auseinandersetzungen, Reibungen, wenig Tränen, viel Lachen, nach harter Arbeit hoffen wir auf jenen magischen Moment, hoffen wir auf die Verwandlung. Wenn aus Gedachtem und Arbeit Kunst wird. Wenn die Welt stillsteht und für einen Augenblick aus der Bahn gerät. Wenn der berühmte Funke überspringt und Akteure und Zuschauer eins werden. C'est magique, c'est l'amour, c'est saint. Im besten Fall.


Ankunft C.I.T.O
Und dann ist es plötzlich Abend. Und es geht los. Und das Publikum strömt und längst nicht alle finden Einlass. Und die Presse ist zahlreich vertreten, fast übervertreten. Und wir verschwören uns zum letzen Mal mit der ganzen Equipe. Spucke, Spucke, Spucke (Theaterritual). GO!
Bereits nach wenigen Minuten ist klar, SEVRAGE kommt an. Das Publikum geht mit auf die Reise. Dazwischen werden Kinder gestillt, wird geflüstert, werden Kommentare eingeworfen, wird getrunken, wird viel und laut gelacht, hört man die Toilettenspülung. Alles inbegriffen. Szenenapplaus. Alles im besten Fall. Und klar waren da ein patt Patzer, Schnitzer, Fehler. Aber, das Stück steht, jetzt wird es mit jedem Tag, mit jeder Erfahrung der Akteure reichhaltiger und verdichteter werden. Im besten Fall.

Wir sind stolz, wir sind überglücklich. Der Schlussapplaus ist lange. Bravorufe schmeicheln dem Ego. Das ist mehr als Zahltag. Über dreissig Burkinabé und ein Schweizer-Trio haben sich ein- und ausgesetzt.
Haben sprachliche und kulturellen Barrieren überwunden, sind über Schatten gesprungen, haben sich kennen und schätzen gelernt. Wir sind vereint.
Über Ouagadougou steht la lune.








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